Wie Corona die Nachfrage nach (digitalen) Vermögenslösungen verstärkt

23.09.2020
Frau Sander, Sie verfolgen als Mathematikerin die Entwicklungen von Online-Plattformen hauteng. Was stellen Sie fest?
Datenbasierte Online-Plattformen und smarte Finanzdienstleistungen befinden sich im World Wide Web auf dem Vormarsch. Die weltweit grassierende Corona-Pandemie verleiht dieser Entwicklung einen zusätzlichen Schub. Ersteres zeigt sich vor allem beim Wachstum im Bereich E-Commerce. Laut einer Onlinehändlerbefragung vom Institut für Marketing Management der ZHAW School of Management and Law unter 330 in der Schweiz registrierten Onlineshops, verzeichnete jede zweite Verkaufsplattform während der Corona-Krise einen Anstieg der Bestellungen von mehr als 20 Prozent. Die Nachfrage der Eidgenossen kaprizierte sich unter anderem auf Lebensmittel, Do-it-your-self-Artikel und Sportwaren. «Viele Onlineshops erlebten eine Umsatzsteigerung von bis zu 1’500 Prozent und konnten sich vor Bestellungen kaum retten», erklärt Darius Zumstein, Autor der ZHAW-Studie. Ausserdem arbeiteten viele Menschen im Homeoffice, verbrachten auch sonst deutlich mehr Zeit zu Hause und änderten ihre Freizeitgestaltung. Überdies rechnen 82 Prozent der befragten Onlinehändler auch längerfristig mit einer moderaten oder sogar starken Zunahme von Bestellungen im Internet. Folglich planen viele Unternehmen in das digitale Geschäft mehr zu investieren als bislang.
In welche Richtungen fliesst das Geld?
Die Investitionen fliessen zum Beispiel in den Ausbau von Onlineshops, die Errichtung moderner Lager oder ins unverzichtbare Online-Marketing. Dass das Wachstum im Onlinehandel anhalten wird, bestätigt auch die Prognose von Statista. Und zwar für den gesamten Globus. Demzufolge soll im Jahr 2023 der weltweite Umsatz allein bei physischen Gütern im B2C-E-Commerce-Markt bei rund 2,37 Billionen Euro liegen. Der grösste Umsatzanteil wird mit 816.55 Mrd. Euro auf das Segment «Fashion» entfallen. Dieser Trend befeuert zugleich digitale und intelligente Financial Services im Banking. Zunächst im modernen Zahlungsverkehr, gefolgt von Online-Finanzierungen im Privat- und Firmenkundengeschäft sowie Geldanlage und Wertpapierdepot, einschliesslich neuer Beratungsdienstleistungen rund ums Konto. Die digitale Transformation der Finanzindustrie erfasst infolgedessen ebenso das Private Banking sowie das kundenzentrierte und smarte Wealth Management für vermögende und hochvermögende Privatkunden. So hat sich laut einer Studie von Oliver Wyman bei führenden Wealth-Management-Anbietern die Nachfrage nach Online-Seminaren nahezu vervierfacht und die Nachfrage nach digitalen Kundenmeetings nahezu verdreifacht.
Stellen Sie auch einen Wandel im Vermögensverwaltungsgeschäft fest?
Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der digitalen Vermögensverwaltung und Robo-Advisory-Angeboten. Ein Robo-Advisor verwendet im Allgemeinen einen systematischen und automatisierten Prozess, um an den Finanzmärkten Anlageentscheidungen, ohne menschliches Zutun zu treffen. Im Vordergrund steht vor allem der Handel mit Wertpapieren und ETFs. Anhand der persönlichen Präferenzen des Anlegers können Robo-Advisors Portfolios günstig verwalten und an die aktuelle Marktsituation fortwährend gut anpassen. Der Kunde kann sein Portfolio sonach online oder via Mobile App sofort einsehen und schnell nachvollziehen. Grosse Unterschiede bei den digitalen Anlageangeboten gibt es jedoch bei Innovationsgrad, Servicetiefe und den anfallenden Gesamtkosten. Ein genauer Blick auf die Angebote, um die Spreu vom Weizen zu trennen, kann da helfen.
Was hat Ihr Haus im Angebot?
Die Hauck & Aufhäuser Privatbank AG bietet seit Oktober 2018 mit «Zeedin» eine digitale Vermögensverwaltung für eine Anlagesumme ab 50’000 Euro an. Potenzielle Kunden können hier Anlageklassen und Anlageuniversum, wie etwa Fonds und ETFs, aber auch Einzeltitel oder ethisch-nachhaltige Investments individuell bestimmen. Der digitale Anlageprozess von «Zeedin» ermittelt sodann passende Anlagemöglichkeiten für das zukünftige digitale Depot bei Hauck & Aufhäuser. Das Portfoliomanagement übernehmen jedoch anschliessend die Investmentexperten von Hauck & Aufhäuser - das unterscheidet «Zeedin» von anderen volldigitalisierten und -automatisierten Anlagemöglichkeiten am Markt. Dem drohenden Verlust des direkten Kundenkontakts durch rein digitale Angebote begegnet das Bankhaus ebenfalls mit einer fein abgestimmten Customer Journey.
Wie kann man sich dieses Zusammenspiel vorstellen?
«Zeedin» ist zunächst der digitale Zugang zum Wealth Management und bildet die zentrale Schnittstelle zwischen Bank und Kunde. Bei der Depoteröffnung kann jeder einzelne Kunde vom bankinternen Investmentteam persönlich und individuell beraten werden. Das Herzstück unserer Vermögensverwaltung ist die optimale Kombination der Anlageklassen - in Form einer Kombination aus strategischer und taktischer Asset-Allokation - für den langfristigen Anlageerfolg. Die Portfolios werden von unserem Asset Management aktiv gemanagt, was gerade in den aktuellen Zeiten von grossem Vorteil ist, denn dadurch sind exorbitante Verluste ausgeblieben.
Sind diese Trends nachhaltig?
Viele Trends wie Nachhaltigkeit oder auch personalisierte Angebote werden sich zudem durch die Situation der vergangenen Monate verstärkt im Leben der Menschen verankern. Umso wichtiger wird für Unternehmen eine Multikanalstrategie sein, die insbesondere ein nahtloses Zusammenspiel digitale und bewährter Touchpoints dauerhaft gewährleistet. Dass in dieser Kombination die Zukunft liegt, merken wir unter anderem an der steigenden Nachfrage nach unserer digitalen Vermögensverwaltung.
Link zum Disclaimer
Madeleine Sander verantwortet als CFO von Hauck & Aufhäuser die Bereiche Corporate Development, Finance und Tax sowie die digitale Vermögenverwaltung «Zeedin». 2017 wechselte sie als Head of Corporate Development zu Hauck & Aufhäuser. In dieser Funktion war sie neben dem Strategieentwicklungsprozess und der strategischen Planung für die Identifikation und Bewertung von Wachstumschancen und Innovationen in enger Zusammenarbeit mit den Geschäftsbereichen verantwortlich, zum Beispiel für die Einführung einer neuen Online-Banking-Plattform und den Aufbau von «Zeedin». Vor ihrer Zeit bei Hauck & Aufhäuser war Madeleine Sander über sechs Jahre lang bei der Deutschen Bank in der Konzernstrategieabteilung (AfK) sowie im Inhouse Consulting tätig. Ihre Karriere startete die diplomierte Mathematikerin in der DekaBank als Business Managerin im Bereich Corporates & Markets.