«Wir bleiben unbeeindruckt von den derzeitigen Diskussionen um mögliche Preiskontrollen in Washington»

19.07.2019
Herr Dr. Koller, wie ist das 1. Halbjahr 2019 im Biotechbereich gelaufen?
Aktien aus dem Gesundheitssektor konnten mit den breiteren Indizes nicht ganz Schritt halten und der MSCI World Health Care Index verbuchte für die ersten sechs Monate des Jahres ein Plus von 10.1 Prozent in US-Dollar. Nach seiner beeindruckenden Erstquartalsrally gab der Nasdaq Biotechnology Index im 2. Quartal um 2 Prozent nach, womit seine Halbjahresperformance sich auf 12.9 Prozent in US-Dollar belief.
Was ist der Grund für die Konsolidierung im 2. Quartal?
Mittelabflüsse von breiten Anlegern in den Sektor widerspiegeln die möglicherweise neuen Sorgen über die Einschränkung von M&A-Transaktionen durch die US-Regierung und anhaltende Bedenken hinsichtlich der Preisgestaltung von Medikamenten in den USA. Wir teilen diese Haltung nicht und verweisen in diesem Zusammenhang auf Umfang und Angebot der jüngsten Börsengänge und Kapitalerhöhungen, die noch nie dagewesene Niveaus erreichten. Zudem verzeichnete der Markt eine weitere Zunahme der M&A-Aktivitäten, die allerdings auf die Herausforderungen zurückzuführen ist, denen sich grosskapitalisierte Unternehmen stellen müssen, was sich in unseren Augen positiv auf innovativere Firmen auswirken dürfte.
Gibt es noch weitere positive Aspekte?
Die ersten Äusserungen des neuen Leiters der US-Arzneimittelbehörde (FDA), Norman Sharpless, wirkten ermutigend. Er bekannte sich zu weiteren Innovationen, darunter eine stärkere Patientenorientiertheit, eine beschleunigte Medikamentenentwicklung und wettbewerbsfördernde Massnahmen. Wir bleiben unbeeindruckt von den derzeitigen Diskussionen um mögliche Preiskontrollen in Washington. Die meisten Ideen zielen darauf ab, den Patientenzugang und dessen Finanzierbarkeit zu verbessern - was letztendlich das Marktumfeld für innovative Unternehmen und Produkte begünstigen würde, in die BB Biotech investiert.
Zu BB Biotech: Wie hat sich die Aktienperformance bisher entwickelt?
Auch wir konnten uns der Marktentwicklung nicht entziehen. Kurzfristig betrachtet ist die Aktienperformance im 2. Quartal nicht zufriedenstellend. Im 2. Quartal 2019 verzeichnete die Aktie eine negative Rendite von 4.8 Prozent in Schweizer Franken und 4.8 Prozent in Euro. Für das 1. Halbjahr konnte ein Plus von 18.2 Prozent in Schweizer Franken und 19.4 Prozent in Euro erzielt werden.
Gab es Veränderungen im Portfolio?
Der 2018 begonnene strategische und zukunftsweisende Umbau des Portfolios kommt gut voran. Er soll das langfristige Wachstum beflügeln. Die zwei verbliebenen grossen Positionen in Celgene und Gilead, die bereits seit Jahren Bestandteil des Portfolios sind, werden als Nächstes geschlossen. Die beachtlichen langfristigen Gewinne dieser und anderer erfolgreicher Investitionen werden verwendet, um den Leverage zu verringern und Investitionen in Biotechunternehmen der nächsten Generation in früheren Phasen des Wachstumszyklus zu finanzieren. Wir haben uns im 2. Quartal von unserer Beteiligung an Novavax getrennt, aber keine neuen Positionen aufgebaut.
Wie sind Sie zufrieden mit der Performance der Beteiligungen?
Einige Beteiligungen an Small und Mid Caps blieben hinter der Performance der grosskapitalisierten Unternehmen zurück. Die Aktien von Voyager Therapeutics legten nach den erfolgreichen Kooperationsvereinbarungen mit Neurocrine und Abbvie zu. Auch Incyte schloss fester, nachdem es Fortschritte in der klinischen Entwicklung seiner Krebsmedikamente und seinen Vorstoss in die Dermatologie vermeldet hatte. Myovant, Sangamo, Macrogenics und Scholar Rock brachten ihre jeweiligen Kapitalerhöhungen hingegen Kursverluste, da einige Marktteilnehmer diese aus Sicht der Geschäftsentwicklung angemessenen Finanzierungen als fehlende Ausstiegsmöglichkeiten über eine Firmenübernahme auslegten. Die Kurseinbussen standen jedoch in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Verwässerungseffekt. Kezar Life Sciences und Wave Life Sciences, zwei weitere kleine Portfoliounternehmen, enttäuschten Anleger mit der Veröffentlichung unschlüssiger Daten.
Was erwarten Sie für das 2. Halbjahr?
Neben dem intensiven Nachrichtenfluss unserer Portfoliounternehmen beobachten wir die Entwicklung der M&A-Aktivitäten im Biopharmabereich. In unseren Augen stehen hinter den jüngsten Zusammenschlüssen von Takeda und Shire, BMS und Celgene sowie Abbvie und Allergan eher finanzielle Gründe als das Bestreben nach technologischer Weiterentwicklung oder Ausweitung des Leistungsvermögens - ganz zu schweigen von der Verbesserung der niedrigen internen Forschungs- und Entwicklungsproduktivität dieser Unternehmen. Wir gehen davon aus, dass Biotechfirmen auch in Zukunft weiterhin für den Grossteil der Innovationen in der Biopharmabranche verantwortlich sein werden. Da die US-Kartellbehörde (FTC) die möglichen Wettbewerbseinschränkungen durch finanziell motivierte M&A-Transaktionen erkannt hat, versucht sie diese nun einzudämmen. Aktienanleger und Arbitragefonds reagierten negativ auf die Meldung von Bristol-Myers Squibb, Celgenes wichtiges Schuppenflechtenmittel Otezla zu verkaufen, um Bedenken der FTC aus dem Weg zu räumen. Die Forderung der FTC hat darüber hinaus zur Folge, dass sich der Abschluss der Transaktion um bis zu sechs Monate verzögert. Wir sind der Ansicht, dass grössere Pharmakonzerne eher Ausschau nach Übernahmezielen halten sollten, die sich durch ihre hochmodernen technischen Fähigkeiten, innovativen Technologien und bahnbrechenden Produkte in der späten Entwicklungsphase auszeichnen - die wichtigsten Quellen für nachhaltiges Wachstum in der Biopharmaindustrie.
Link zum Disclaimer
Dr. Daniel Koller trat 2004 bei Bellevue Asset Management ein und ist als Senior Portfolio Manager im Bereich Biotechnologie mit Spezialgebiet Herz-Kreislauf-Krankheiten tätig. Seit 2010 ist er Head Management Team der börsenkotierten Beteiligungsgesellschaft BB Biotech AG. Vor seinem Eintritt bei Bellevue Asset Management war er während vier Jahren in der Finanzindustrie tätig, zuerst in der Funktion als Aktienanalyst bei UBS Warburg, danach als Private-Equity-Investor bei equity4life. Daniel Koller studierte Biochemie an der ETH Zürich und doktorierte im Bereich Biotechnologie während seiner Tätigkeit bei Cytos Biotechnology.