«Wir fokussieren auf die Risikoreduktion»

Managing Director, Leiter Aktienanlagen und Mitglied des Exekutiv-Ausschusses
Unigestion SA, Genf
unigestion.com
09.09.2015
Herr Jourovksi, Sie investieren als Investment-Boutique anders als andere Häuser. Wie kam es dazu?
Wir glauben, dass Performance die Konsequenz eines rigorosen und ganzheitlichen Risiko-Managements ist. Wir versuchen, die Volatilität zu minimieren und die Diversifikation zu optimieren. Stabilität gepaart mit Innovation zeichnet uns aus. Stabilität ist ein Schlüssel in unserem Geschäft mit einer langfristigen Perspektive. Im Durchschnitt ist ein Mitglied im Senior Management 17 Jahre in unserem Unternehmen, das vor 40 Jahren gegründet wurde.
Wie entwickelte sich dieser risikobasierte Ansatz?
Unser risikobasierter Ansatz gründet auf wissenschaftlich dokumentierten Prinzipien, dass der Markt diejenigen belohnt, die ihre Risiken kontrollieren. Empirische Studien wie die Minimum-Varianz-Anomalie belegen, dass ein Portfolio mit niedrigstem Risiko langfristig auch Performancevorteile gegenüber einem Vergleichsindex hat. Unser Investment-Prozess versucht statt dem Outperformance-Potenzial einer einzelnen Aktie nachzurennen, ein risikoeffizientes Portfolio zu konstruieren. Die relative Verlustvermeidung liefert den wesentlichen Beitrag zur angestrebten Outperformance. Die in ihrer Ursprungsform seit 1997 von uns angewendete risikoorientierte Aktienstrategie erfuhr stetig Ergänzungen hinsichtlich der Arten der Risikobetrachtung. Damit sind wir weltweit ein Vorreiter im Bereich Low Risk Investing.
Wie präsentiert sich auf dieser Basis der Investment-Prozess?
Die Portfolio-Konstruktion geht durch drei Phasen. Zuerst kommt die Filterung nach Risikogesichtspunkten. Es werden jene Aktien herausgefiltert, welche finanzielle Kriterien wie Verschuldungsgrad, Zinsdeckungsfaktor oder Ertragsqualität, Liquiditätskriterien und Transparenzkriterien wie M&A Situation oder Newsflow nicht erfüllen. Dann folgt als zweiter Schritt die Optimierung nach Risikoreduktion. In der dritten Phase werden die Aktien quantitativ und qualitativ auf Einzeltitelebene aber auch hinsichtlich Korrelationsverhalten analysiert. Es werden Risikofilter nach makroökonomischen, länderspezifischen, sektoriellen, liquiditäts- und bewertungsorientierten Risikogesichtspunkten auf quantitative und qualitative Weise eingesetzt. Ungefähr 100 Aktien bilden im Rahmen der abschliessenden Portfoliokonstruktion unter Berücksichtigung der Ergebnisse das Fondsportfolio.
Stichwort Factor Investing: Was genau ist darunter zu verstehen?
Traditionelle Benchmarks tragen zufällige und grosse Wahrnehmungsverzerrungen. Mit unserem Faktor-Investing suchen wir die Kontrolle über alle Anfälligkeiten eines Portfolios. Diese individuellen Exposures nennen wir Faktoren. Nicht alle Faktoren liefern positive oder beständige Outperformance über die Zeit. Daher kann nur eine genau ausgewählte Kombination von Faktoren für ein langfristig ausgerichtetes Portfolio geeignet sein.
Wie wenden Sie den Ansatz in der Praxis konkret an?
Nehmen wir unsere aktive Faktor-Allokation-Strategie. Das ist eine long-only-Strategie, die in globale etablierte Aktien investiert. Wir nutzen bei unseren Aktieninvestments innovative Investment-Ansätze. Zur Allokation gehören vier Aktien-Faktoren, nämlich «Value», «Momentum», «Quality» und «Size» gepaart mit einem aktiven Risiko-Management. Die Allokation zwischen diesen vier Faktoren basiert auf unserem risiko-basierten Makro-Investment-Prozess. Dadurch soll unsere Strategie bei einem Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren geringerer Volatilität und geringerem maximalen Verlust eine Rendite von 200 Basispunkten über der Benchmark MSCI World erreichen. Die Vorgehensweise ist dabei so gewählt, dass im Ergebnis eine Performance-Asymmetrie - grössere Partizipation in Aufwärts- als in Abwärtsphasen - die langfristige Überschussrendite erklärt. Sie ist stets zu 100 Prozent investiert. Es findet kein Derivateeinsatz oder Leverage statt.
Und zahlt sich der Aufwand aus?
Ja, alle unsere Strategien können bezüglich ihres Zielerreichungsgrades bei Performance und Risiko überzeugen. Sie haben ihre Benchmark geschlagen und dabei die Risiken signifikant reduziert. Die Sharpe-Ratio liegt in allen Betrachtungsintervallen im gehobenen positiven Bereich.
Alexei Jourovski, Managing Director, ist Leiter Aktienanlagen und Mitglied des Exekutiv-Ausschusses von Unigestion. Er ist ausserdem Mitglied des Aktien-Investment & Research-Ausschusses. Seit seinem Eintritt bei Unigestion 2001 spielt er eine entscheidende Rolle im Management der Aktienfonds von Unigestion. Zu den Hauptaufgaben seines Teams bestehend aus Portfoliomanagern und Analysten gehören die Portfoliokonstruktion, die Investmentüberwachung und die quantitative Forschung. Alexei Jourovski verfügt über einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften der Universität Genf und schloss seine Ausbildung mit Executive Education Programmen an der IMD Business School in Lausanne ab.