«Wir glauben an ein Local Alpha»

06.11.2014
Frau Erni, das Aushängeschild von RBR Capital, der Long-Short-Equity-Fonds «RBR European Long Short (LUX)», wurde im Sommer zum Vertrieb in der Schweiz zugelassen. Warum bereichert der Fonds den Kurszettel?
Der RBR European Long Short (LUX) ist einer der wenigen UCITS-IV-Fonds im Segment der Long-Short-Equity-Strategien, der bereits mit einem langen, erfolgreichen Track Record aufwarten kann und zugleich ein auch für grössere institutionelle Investoren attraktives Fondsvolumen aufweist. Im Gegensatz zu vielen anderen Produkten ist der Fonds selbst im aktuellen Marktumfeld voll auf Kurs: Sowohl für den Monat Oktober als auch für das laufende Jahr ist die Performance deutlich positiv.
Könnten Sie uns sagen, wie RBR Capital aufgestellt ist?
Die RBR Capital Advisors AG ist ein von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA beaufsichtigter unabhängiger Vermögensverwalter. RBR Capital ist spezialisiert auf Long-Short- und Long-Only-Strategien in europäischen Aktien und verfolgt einen fundamental ausgerichteten bottom-up-orientierten Anlagestil. RBR Capital kann gleichzeitig auf einen erfolgreichen Track Record von über 11 Jahren zurückblicken. Dabei sind unsere Fonds mehrfach für ihre Anlageperformance nominiert und ausgezeichnet worden, zuletzt mit der Auszeichnung als «Best Long Short Equity Fund (under USD 500m)» bei den «HFMWeek European Hedge Fund Performance Awards 2014».
Was macht RBR Capital anders als andere?
Da gibt es eine Vielzahl von Faktoren. Zunächst sehen wir uns ganz klar als Stock Picker. Kern unserer Philosophie ist die Überzeugung, dass unser strikter Bottom up-Research-Ansatz es uns erlaubt, die Marktperformance konsistent zu übertreffen. Wir investieren ausschliesslich in Unternehmen, die wir zuvor intensiv analysiert haben und wo wir einen starken fundamentalen Investment Case erarbeitet haben. Unser Research erlaubt es uns dabei, auch grössere Positionen einzugehen. Das Portfolio besteht dann typischerweise aus 50 bis 70 Einzeltiteln, die wir sehr engmaschig verfolgen.
Dabei mögen wir es, zusammen mit echten Unternehmern und grossartigen Managern zu investieren, die mit Engagement und Leidenschaft versuchen, ihre Unternehmen unabhängig vom Konjunkturzyklus wachsen zu lassen. Wir sind gleichzeitig aber auch bereit, in Turnaround-Situationen zu investieren, während andere noch zurückschrecken. Dies, weil wir bereits eine gründliche Analyse der Bilanzen und des Potenzials der Produkte durchgeführt haben. Schlüssel zu unserem Anlageerfolg ist es, Anlagen mit erheblichem Kurspotenzial zu identifizieren und zugleich ein sehr gutes Verständnis für die dazugehörigen Investmentrisiken zu entwickeln.
Wir schrecken auch nicht davor zurück, unsere Meinung öffentlich kundzutun, insbesondere wenn Aktionärsrechte nicht hinreichend geachtet werden. Im Gegenteil: Viele Fondsmanager neigen ja dazu, Reputationsrisiken für das eigene Institut gegen ihre treuhänderischen Pflichten abzuwägen und im Zweifelsfall einfach zu schweigen. Als unabhängiger Spieler tun wir uns da deutlich leichter. Und es zeigt sich, dass unsere Vorgehensweise erfolgreich ist. Vielleicht erinnern Sie sich: Im Juni dieses Jahres sah sich auch auf unsere Intervention hin die Swisscom gezwungen, ihr Übernahmeangebot für die PubliGroupe doch noch einmal aufzubessern. Und das, obschon sich alle Bieter im Prinzip bereits auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt hatten. Ausser unserem CIO Rudolf Bohli ist damals praktisch niemand mehr für die Rechte der PubliGroupe-Minderheitsaktionäre eingetreten.
Auch das Short Book des Fonds soll einen Performancebeitrag liefern. Was uns hier gegenüber fast allen Wettbewerbern am Platz Zürich auszeichnet, ist unsere spezifische Expertise bei der Analyse von Geschäftsdaten aus forensischer Perspektive. Unser Team sucht ganz gezielt nach den Red Flags im Berichtswesen und im Geschäftsmodell von Unternehmen. Wir sind davon überzeugt, dass das Forensic Accounting sich mit unserer Expertise im Stock Picking hervorragend ergänzt.
Und wir richten uns ganz auf unsere Kunden aus. Das ist jetzt wirklich kein Marketing. Zum Beispiel ist es für uns völlig selbstverständlich, dass ein Grossteil unserer eigenen finanziellen Mittel in unseren Anlageprodukten investiert ist. Für uns ist das gelebtes Risikomanagement.
Was hat es mit dem «Local Alpha» auf sich?
Wir sind davon überzeugt, dass zum besseren Verständnis der Wachstumstreiber eines Unternehmens und seiner Branche der direkte Kontakt zum Management unerlässlich ist. Daher treffen wir jedes Jahr mehrere hundert Management-Teams von börsennotierten Unternehmen. Unser Rolodex ist sicher eines der umfangreichsten in Europa. Wir glauben fest daran, dass es in Europa solch ein «Local Alpha» gibt und dass ein Gespür für kulturelle Nuancen oder die Kenntnis der Sprache zu einem tieferen Verständnis der Strategie und Perspektiven eines Unternehmens führen können. Folglich investieren wir ausschliesslich in Kontinentaleuropa und nicht in Grossbritannien, wo sich die überwiegende Mehrzahl unserer Wettbewerber befindet. Die Schweiz mit ihrer zentralen Lage bietet uns ja auch einen viel besseren Zugang zu den Unternehmen in unserem Anlageuniversum. Zwei Drittel der europäischen Marktkapitalisierung liegen schliesslich in unserer unmittelbaren Nähe. Allerdings ist unser Team sehr international. Wir sprechen acht Sprachen.
Welche Einzeltitel zählen derzeit zu Ihren Favoriten für die kommenden 6 bis 12 Monate?
Im Augenblick gefallen uns die Aktien der französischen Orpea-Gruppe besonders gut. Als europäischer Marktführer betreibt Orpea Alters- und Pflegeheime mit insgesamt 40‘000 Betten. Darunter sind auch Heime in der Schweiz, denn seit März 2014 ist Orpea die Muttergesellschaft der Senevita. Wir sind zuversichtlich, dass Orpea weiterhin eine führende Rolle bei der Konsolidierung des Sektors spielen wird. Schauen Sie: Orpea hat derzeit Marktanteile zwischen 1 und maximal 3 Prozent in den meisten Ländern, in denen die Gruppe vertreten ist. Im nicht unähnlichen Markt für Spitäler verfügen Anbieter wie Fresenius Helios über 6 bis 7 Prozent Marktanteil in Einzelmärkten wie Deutschland und wollen weiter wachsen. Jedes weitere Heim und jedes zusätzliche Bett erhöhen den Wert der bestehenden Plattform. Zugleich expandiert das Unternehmen nun auch nach Spanien, Italien und Belgien, wo es mit seinen Angeboten im gehobenen Segment über ein hervorragendes Alleinstellungsmerkmal verfügt. Alte und kranke Menschen wollen ja mit Würde behandelt werden. Die Visibilität der Ergebnisse ist ebenfalls ausgezeichnet. Etwa 23 Prozent der Betten des Konzerns werden derzeit aufgewertet. Allein dadurch, dass diese Betten bald wieder genutzt werden, wird Orpea organisch wachsen. Und schliesslich besitzt das Unternehmen auch einen Grossteil der selbst genutzten Immobilien, was der Aktie im aktuellen Niedrigzinsumfeld sicher hilft.
Oder nehmen Sie Volkswagen. Die Aktie gehört seit einigen Monaten zu den Verlierern am Aktienmarkt, obschon es eigentlich kaum gute Gründe für eine solche Kursschwäche gibt. Volkswagen hat sich hervorragend positioniert und kann als Marktführer grosse Serien zu günstigsten Stückkosten produzieren. Mehr und mehr VW-Plattformen werden in modularer Bauweise gefertigt, was die Produktionskosten weiter senken wird. Im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern hat das Unternehmen in den Krisenjahren aber auch aktiv in Forschung und Entwicklung investiert und kann nun wirklich innovative Fahrzeuge mit einer deutlichen Preisprämie zum Wettbewerb anbieten. Marken der «Luxury»-Kategorie steuern bereits mehr als 50 Prozent des Gruppenergebnisses bei. Selbst in Europa, wo sonst alle Hersteller rote Zahlen schreiben, bleibt Volkswagen mit einem solchen Setup klar im positiven Bereich. Wir sind sicher, dass China für die deutschen Premiumanbieter ein attraktiver Wachstumsmarkt bleibt. Und Volkswagen kann mittelfristig auch in Nordamerika noch erheblich wachsen. Bei einer Bilanz mit einer Netto-Cash-Position bekommen Sie die Aktie eines kerngesunden, wachsenden Unternehmens zu einem KGV von gerade noch 7x. Nach unserer Rechnung zahlen Sie als Volkswagen-Aktionär derzeit lediglich für Audi, Porsche und das Truck-Geschäft. Den Rest der Gruppe bekommt man fast geschenkt. Und schauen Sie sich den neuen Passat an, der derzeit lanciert wird! Wir sehen da einen weiteren Blockbuster.
Tina Erni ist bereits seit 2006 in verschiedenen Positionen für die RBR Capital Advisors AG tätig. Zuvor war sie mehrere Jahre für die Credit Suisse im Bereich Middle Office Operations beschäftigt. In ihrer Freizeit ist die Mutter einer Tochter ein leidenschaftlicher Fussballfan.