«Wir können gewisse Risiken früher erkennen»

Director, Head of International Business
Union Investment Institutional GmbH, Frankfurt
unioninvestment.de
08.06.2018
Frau Joost-van der Spek, können Sie uns ein paar Hintergründe über Union Investment geben? Wer sind die grössten Aktionäre?
Als Teil der genossenschaftlichen FinanzGruppe bieten wir Lösungen für Institutionelle und Privatkunden. Seit über 60 Jahren stehen wir für Partnerschaftlichkeit und Professionalität im Fondsgeschäft - für Investoren, Anleger und Anteilseigner. Mit 87 Prozent ist die DZ Bank AG, die Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank, heute unser grösster Aktionär. Die DZ Bank gehört mehrheitlich den rund 1’000 Genossenschaftsbanken in Deutschland. Unser Haus kann sich dank der stabilen Muttergesellschaft auf das Asset Management konzentrieren. So verwalten wir rund 326 Mrd. Euro und sind damit eine der führenden Fondsgesellschaften Deutschlands.
Ihr Haus ist im Nachhaltigkeitsbereich der zweitgrösste Anbieter in Deutschland. Wie beurteilen Sie die Akzeptanz im Markt?
Die Akzeptanz wird immer grösser. Dies kann man unter anderem an der steigenden Anzahl von Kunden, Medienberichten und Veranstaltungen ablesen. Diese Expertise wird speziell von institutionellen Kunden dezidiert nachgefragt. Wir sind überzeugt, dass dies kein kurzfristiger Trend ist, sondern anhält, bis es zur Normalität wird.
Seit unserer Gründung 1956 ist nachhaltiges Wirtschaften die Grundlage unseres Handelns. Verantwortung übernehmen wir in zweierlei Hinsicht: durch nachhaltige Fonds und Dienstleistungen sowie nachhaltiges Wirtschaften. In Deutschland zählen wir zu den Pionieren der nachhaltigen Geldanlage. In speziellen Nachhaltigkeitsfonds und -mandaten verwalten wir heute mehr als 34 Mrd. Euro.
Wie präsentiert sich auf dieser Basis der Investmentprozess?
Unser Investmentprozess ist diszipliniert und transparent und schliesst neben dem Research und der Portfoliokonstruktion auch die ständige Risikokontrolle und Performanceanalyse ein. Nachhaltigkeitskriterien sind in diesem Prozess vollständig als zusätzlicher Risikofilter integriert. Für die Nachhaltigkeit lassen wir neben den fundamentalen Kennzahlen in jedem Sektor die Kriterien bezüglich Umwelt, Sozialem und der Governance (ESG, Environment Social Governance) einfliessen. Dadurch können wir gewisse Risiken früher erkennen und unsere Investmententscheidung entsprechend anpassen Es wird bei uns nicht ausschliesslich mit Ausschlusslisten gearbeitet, sondern wir identifizieren durch unseren integrierten ESG-Ansatz auch explizit nachhaltige Geschäftsmodelle, die besonders interessant sind.
Wie gross ist das Universum für den Allocator?
Dies hängt von der jeweiligen Assetklasse ab. Es ist uns wichtig, dass das Portfolio-Management nicht zu stark eingeschränkt wird, was im Moment auch nicht der Fall ist.
Wie ist Union Investment in der Schweiz positioniert? Welche Expertisen bieten Sie an?
Vermögensverwaltung mit effektivem Risikomanagement und Lösungen für eine nachhaltige Kapitalanlage bilden die Schwerpunkte des Geschäftsbereichs für institutionelle Kunden in der Schweiz. Wir sind ein Anbieter von aktiv gemanagten Portfolien in Form von Mandaten und Publikumsfonds für alle klassischen Anlagen wie Obligationen, Unternehensanleihen, Wandelanleihen so wie europäische und globale Aktienportfolien und Immobilien. In der Schweiz sind wir seit langer Zeit gut positioniert, vor allem bei den Pensionskassen. Im Bereich globale und europäische Unternehmensanleihen inklusive Nachränge spielt die Union Investment eine sehr bedeutende Rolle und hat grosse und etablierte Investmentteams vorzuweisen. Daneben sind vor allem die Themen nachhaltige Wandelanleihen sowie Structured Credit aus der Schweiz heraus vermehrt nachgefragt und somit etablieren wir uns ebenfalls sehr gut bei diesen beiden Asset-Klassen.
Sie gehören 2017 und auch 2018 zu den Fondshäusern mit Nettogeldzufluss. Welche Fonds liefen punkto Neugeld besonders gut?
Ja, wir konnten uns in den vergangenen Jahren an schönen Neugeldzuflüssen erfreuen. Im Privatkundengeschäft verzeichnete unser Haus im Jahr 2017 mit 9,9 Mrd. Euro den besten Absatz seit dem Jahr 2000. Der Bestand privater Gelder stieg auf 136,0 Mrd. Euro, ebenfalls ein Höchststand. Im Zentrum des Interesses standen erneut vor allem Multi-Asset-Lösungen, offene Immobilienfonds und das ratierliche Fondssparen. Die Zahl der klassischen Fondssparpläne wuchs im Jahresvergleich um 29 Prozent auf knapp 1,9 Millionen Verträge.
Im Geschäft mit institutionellen Kunden erzielten wir 2017 mit 15,2 Mrd. Euro wieder einen hohen Nettoabsatz. Dazu trugen 78 neu gewonnene Kunden bei. Die Assets under Management (AuM) im institutionellen Geschäft erreichten mit 187,9 Mrd. Euro einen Höchststand. Gefragt waren vor allem Produkte mit grösseren Renditechancen wie Unternehmens- und Schwellenländeranleihen. Darüber hinaus gewannen Multi-Asset- und Absolute-Return-Produkte sowie Immobilieninvestments an Bedeutung. Weiterhin stieg das Interesse der institutionellen Kunden an nachhaltigen Lösungen, die ein Volumen von 33,5 Mrd. Euro erreichten.
Wie gehen Sie mit den neuen regulatorischen Anforderungen um?
Wir kommen den neuen regulatorischen Anforderungen nach, sehen die Flut an regulatorischen Anforderungen aber auch kritisch. Wir sind grundsätzlich davon überzeugt, dass eine Erhöhung der Transparenz zu einem besseren Verständnis von Produkten führt, was positiv zu bewerten ist. Allerdings darf die Regulierung den Komplexitätsgrad nicht aus den Augen verlieren. Es ist niemandem geholfen, wenn der Komplexitätsgrad und die damit verbundenen Aufwände so hoch sind, dass sich Finanzinstitute aus der Anlageberatung in Wertpapieren komplett verabschieden und Kundeneinlagen dann real negativ verzinst allokiert bleiben. Darüber hinaus sollten die unterschiedlichen Regulierungsvorhaben besser aufeinander abgestimmt sein, um die Belastung für alle Seiten zu reduzieren.
Was sind Ihre Ziele für die kommenden Jahre?
Unser Ziel ist es, mit bedarfsorientierten Anlagelösungen das Vermögen unserer Kunden zu vermehren. Wir wollen in Europa weiter wachsen und haben die Weichen entsprechend gestellt, um den Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden. In einigen Ländern haben wir eigene Niederlassungen, in anderen arbeiten wir mit Partnern zusammen. Unser Augenmerkt richtet sich dabei auf die institutionellen Kunden wie Pensionskassen, Versicherungen, Stiftungen und Family Offices.
Astrid Joost-van der Spek kam im Mai 2012 zu Union Investment und ist Abteilungsleiterin International Business der Union Investment Institutional GmbH. Vorher arbeitete sie als Geschäftsführerin bei der StatPro (Deutschland) GmbH, einem weltweit agierenden Anbieter für Performance-Attribution, Risikomanagement und Gips-Software-Lösungen. Zuvor war sie Geschäftsführerin eines in Frankfurt ansässigen Start-up-Unternehmens namens ValuePrice AG (später in die AVS-Valuation GmbH umbenannt) und verantwortlich für die Abteilungen Account Management, Vertrieb und Financial Engineering. Von 1995 bis 2008 arbeitete sie für die Investment-Banking-Abteilungen der Deutschen Bank, Commerzbank, Royal Bank of Scotland und der Rabobank International in Amsterdam, Frankfurt und London, wo sie für den Credit und Structured Credit Sales an Benelux, schweizerische, österreichische und deutsche institutionelle Investoren zuständig war. Astrid Joost studierte Betriebswirtschaftslehre an der University of Applied Sciences in Den Haag, Niederlande.