«Wir sehen attraktive Anlagemöglichkeiten für aktive Anleger»

Verantwortlicher, Fondsvertrieb Schweiz und Liechtenstein
AllianceBernstein, Genf
alliancebernstein.com
08.05.2014
Herr Stiefel, AllianceBernstein ist einer der weltweit führenden Vermögensverwalter. Wie viele Assets under Management (AuM) verwaltet Ihr Unternehmen und wie ist AllianceBernstein in der Schweiz aufgestellt?
Wir verwalten 454 Mrd. US-Dollar (Stand 31.03.2014), hauptsächlich in aktiven Portfolios. Davon sind rund 60 Prozent in Anleihen, gut 30 Prozent in Aktien und um die 10 Prozent in Alternativen Anlagen und anderes investiert. In der Schweiz betreiben wir seit 2000 ein Büro in Zürich und seit 2007 auch eines in Genf. Insgesamt drei Berater und zwei Verkaufsassistentinnen, unterstützt von den Kollegen in London, decken dabei institutionelle Kunden wie Pensionskassen und Versicherungen sowie Finanzinstitute wie Banken, Family Offices und unabhängige Vermögensverwalter in allen Landesteilen der Schweiz sowie in Liechtenstein ab.
Werden alle Anlageentscheidungen in New York getroffen?
Nein. Unser Unternehmen ist global aufgestellt. Unsere Portfoliomanagement-Teams sitzen hauptsächlich in New York, London, Hongkong, Singapur und Tokio. Zusätzlich sind unsere Analysten, welche einen starken Einfluss auf das Portfoliomanagement haben, noch an weiteren Standorten vor Ort präsent.
Aktives Management hat es in den letzten Jahren nicht leicht gehabt. ETFs haben viel Kapital angezogen. Ist diese Entwicklung aus Ihrer Sicht zyklisch oder entwickelt sich daraus ein Trend?
Der Zufluss in passive Investments über die letzten Jahre ist zum Teil ein allgemeiner Trend zur Indexierung, wurde aber auch zyklisch durch die Finanzkrise verstärkt. Die Finanzkrise hat zu einem sprunghaften Anstieg der Korrelationen innerhalb der einzelnen Assetklassen sowie einem einzigartigen Markteingriff seitens der Notenbanken geführt. Für aktive Portfoliomanager war es daher eine Zeitlang sehr herausfordernd, in diesem irrationalen Marktumfeld gegenüber der Benchmark einen klaren Mehrwert zu erzielen. Langsam normalisiert sich die Lage an den Märkten aber wieder, und wir sehen erneut attraktive Anlagemöglichkeiten für aktive Anleger.
Für ein innovatives und leistungsorientiertes Assetmanagement ist ein aktiver Ansatz weiterhin klar notwendig, um auch langfristig einen Mehrwert für den Anleger zu generieren. Besonders in volatilen Assetklassen wie beispielsweise «High Yield» oder «Emerging Markets» ist ein aktives Portfoliomanagement in unseren Augen erforderlich. Unternehmensanleihen in Lateinamerika hatten zum Beispiel letztes Jahr zeitweise eine Ausfallrate von gut 6 Prozent erreicht. Nur eine entsprechende auf fundamentalem Research basierte Titelselektion kann hier einen wirklichen Mehrwert generieren.
Wie sollen Investoren aktives Management einsetzen beziehungsweise seine durchaus vorhandenen Vorteile nutzen?
Heutzutage gibt es «stabilisierende Aktien» und «ertragsorientierte Anleihen», ausserdem sind Staatsanleihen nicht mehr so «risikofrei» wie bis anhin. Die Anleger müssen sich daher von alten Investment-Paradigmen lösen und sich auf neue Realitäten einstellen. Auch die alte 60/40-Aktien-Anleihen-Regel ist nicht mehr zeitgerecht und wir müssen die traditionellen Risiko-Ertrags-Ansichten neu definieren. Die Ziele und die Risikobereitschaft eines Portfolios müssen die Anleger in der Gesamtheit definieren und nicht mehr nur aufgrund einzelner Anlageklassen. Erst dann sollte man über das ganze Anlagespektrum hinweg von Aktien, Anleihen zu Multi-Assets- und Alternativen Investments die besten Anbieter und Produkte auswählen und am Ende eine Gesamtbewertung vollziehen.
Welches sind Ihre wichtigsten Fonds für Schweizer Kunden?
Auf der Aktienseite sehen wir weiterhin Nachfrage für amerikanische Aktienfonds. Seit einigen Monaten gibt es aber eine klare Tendenz zu Long-Short-Produkten, da die Investoren nach der fünfjährigen Aktienrally ein allfälliges Downside begrenzen möchten. Unser Select Absolute Alpha Portfolio für US-Aktien und das European Flexible Equity Portfolio als Pendant für den europäischen Aktienmarkt werden momentan sehr oft nachgefragt. Im Bereich der Anleihen sehen wir weiterhin Interesse nach Income- und High-Yield-Portfolios. Bei beiden Strategien sind unsere Produkte mit Investmentfokus Europa sehr beliebt. Für die Region Asien sehen wir wie bis anhin grosses Interesse an unserem RMB Income Plus Portfolio.
Peter Stiefel ist für den Fondsvertrieb in der Schweiz zuständig. Er arbeitet seit 2007 bei AllianceBernstein in Genf. Bevor war er 22 Jahre lang für die UBS Investment Bank und ihre Vorgängerfirmen tätig. Er war für den Verkauf von US-Aktien an institutionelle Kunden in der Westschweiz verantwortlich. Peter Stiefel ist Mitglied des Swiss Finance Institute und ist Absolvent ihres Executive Programmes.