«Wir setzen auf Lösungen, die Verluste und Volatilität limitieren»

11.05.2016
Herr Stiefel, im ersten Quartal haben sich die Märkte weltweit auf Achterbahnfahrt befunden. Wie haben aus Ihrer Sicht Schweizer Anleger reagiert?
Aktuell herrscht bei Anlegern noch die Risikoaversion vor. In dieser Phase hat es auch gewisse Mittelabflüsse gegeben, aber die Cash-Positionen der meisten Schweizer Investoren sind ohnehin extrem hoch (20 bis 30 Prozent), das Risiko wurde also schon vor der Krise zurückgefahren. Im März kamen die ersten Anleger dann in den Markt zurück, unter anderem in Bereichen wie High Yield.
Insgesamt erwarten wir jedoch, dass das «Risk on - Risk off»-Umfeld noch eine ganze Weile andauern wird. Weder Zentralbanken noch Politikern ist bislang ein wirklich überzeugender Ansatz eingefallen, mit dem die Konjunktur nachhaltig stimuliert werden könnte. Dies gilt nicht nur für die Schweiz, sondern ist ein globales Problem.
Welche Ansätze und Lösungen stellen Sie in diesem volatilen und schwer prognostizierbaren Umfeld verunsicherten Investoren vor?
Wir fokussieren uns auf Lösungen, die Verluste und Volatilität limitieren. Darüber hinaus raten wir Anlegern, sich auf Produkte mit hohem Active Share zu konzentrieren. Nach fast sechs Jahren Hausse ist aktives Anlegen wichtiger denn je, denn ein grosser Teil der Performance des S&P 500 Index im vergangenen Jahr war nur dank der sogenannten «Fangs» (Facebook, Amazon, Netflix und Google) möglich, es war also ein extrem enger Markt.
Auf der Obligationsseite sind wir der Meinung, dass ein passives Investieren noch gefährlicher ist, denn je mehr Schulden ein Land bzw. Unternehmen hat, desto höher wird die Gewichtung im Index. Bei AB hingegen favorisieren wir Emittenten mit soliden Fundamentaldaten.
Kann AB innovative Konzepte anbieten, die vielleicht noch nicht überall im Anlegerfokus stehen?
Wir haben vor einigen Jahren ein neues Aktienkonzept entwickelt. Es basiert auf drei Säulen: Qualität, Stabilität und Preis. Der Ansatz wird jeweils zur Hälfte fundamental und quantitativ umgesetzt. Wir bieten in diesem Bereich globale Fonds an, das AB Low Volatility Equity Portfolio sowie einen Emerging-Markets-Fonds, das AB Emerging Markets Equity Portfolio. Ziel ist eine grösstmögliche Partizipation in der Hausse und eine erfolgreiche Verlustbegrenzung. Der Ansatz hat sich über die Jahre erfolgreich bewährt und bietet ein attraktives Risiko-/Renditeprofil.
Auf der Obligationsseite steht das AB Short Duration High Yield Portfolio im Fokus: hohe laufende Erträge bei verminderter Volatilität dank Durationsbeschränkung, Vermeidung von Anleihen mit einer Bonität von CCC und einem aktiven Tail Risk Hedging.
Viele Anleger machen sich Sorgen um die Liquidität an den Obligationenmärkten. Wie hat Ihr Haus darauf reagiert?
Wir haben schon seit 2008 einen weitaus grösseren Fokus auf den Obligationenhandel gelegt. Die Händler sind ein fester Bestandteil des Investment-Prozesses geworden. Gleichzeitig haben wir das Team ausgebaut und heute 30 Prozent mehr Händler als vor der Finanzkrise. Unsere Handelskapazitäten sind nicht unbemerkt geblieben. Wir haben dieses Jahr den «Market Choice Award» als bestes Buy-Side Fixed Income Trading Desk gewonnen.
Peter Stiefel ist für den Fondsvertrieb in der Schweiz zuständig. Er arbeitet seit 2007 für AB (AllianceBernstein). Bevor war er 22 Jahre lang für die UBS Investment Bank und ihre Vorgängerfirmen tätig. Er war für den Verkauf von US-Aktien an institutionelle Kunden in der Westschweiz verantwortlich. Peter Stiefel ist Mitglied des Swiss Finance Institute und ist Absolvent ihres Executive Programms.