«Wir sind auf eine wiederkehrende Anfälligkeit der Finanzmärkte vorbereitet»

Head of Discretionary & Total Return Investments bei Epsilon SGR
Eurizon Capital SGR S.P.A., Mailand
eurizoncapital.com
13.05.2020
Herr Sibani, die Corona-Krise stellt viele Fonds und Fondsmanager vor grosse Herausforderungen. Sie haben mit Ihren Absolute-Return-Fonds aus dem Hause Eurizon, dem «EF Absolute Prudent» und dem «EF Absolute Active», in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres eine Performance von 2,71 bzw. von 5,51 Prozent erzielt und damit Ihre Anleger vor Wertverlusten geschützt. Was zeichnet die Strategie aus?
Das Ziel unserer beiden Absolute-Return-Fonds - dem «EF Absolute Prudent» und dem «EF Absolute Active», die von Eurizon’s Quantitative-Boutique Epsilon SGR in Mailand verwaltet werden - ist es, alle Marktbedingungen zu meistern, auch in einem sehr rauen Umfeld. In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt jedoch geändert, um dem Bedarf von Anlegern Rechnung zu tragen, die nach Strategien mit niedrigen Korrelationen oder möglicherweise dekorrelierten Marktrisiken suchen. Das bedeutet, Schutz zu bieten, vor allem, wenn die Kosten dafür, die Volatilität, gering sind.
Hat der Fondsmanager noch Freiheiten bei der Verwaltung dieser Strategie, oder ist sie weitgehend regelbasiert?
Der Managementansatz ist diskretionär und wird durch unsere makroökonomische und marktbezogene Analyse sowie durch die Erkenntnisse selbst entwickelter quantitativer Modelle unterstützt. Daneben kommen auch Asset-Allokationsmodelle und Marktdynamikindikatoren zum Einsatz, die das Auslaufen von Trends und Trendwenden erkennen.
Welche Anlageideen wurden in den letzten Wochen verfolgt?
In einem Marktumfeld, das für eine Erholung risikoreicher Anlagen günstig ist, hat das hochvolatile Umfeld täglich Gelegenheiten in den wichtigsten Futures auf Staatsanleihen und Aktienindizes geschaffen.
Die Eurizon-Fonds «Absolute Prudent» und «Absolute Active» basieren beide auf derselben Absolute-Return-Strategie. Dennoch haben sie sich leicht unterschiedlich entwickelt. Wie unterscheiden sie sich voneinander?
Sie haben Recht. Der Hauptunterschied liegt in ihrem unterschiedlichen Risikoprofil - eine maximale Volatilität von 4,0 Prozent für den «EF Absolute Prudent» und von 7,5 Prozent für den «EF Absolute Active». Zudem hat die Strategie zwei Säulen. Das Kernportfolio, das kurzfristige Anleihen umfasst, und das taktische Portfolio, eine Kombination aus direktionalen Engagements in Anleihen, Krediten, Aktien und Devisen. Dieses breite Anlageuniversum ermöglicht es, die erwartete Rendite der Fonds zu verbessern. Während die erste Säule für beide Fonds gleich ist, hängt die Ausdehnung der zweiten Säule von der maximalen Volatilität ab.
Was sind die bevorzugten Basisinvestments der Fonds?
Wir setzen unsere Anlageideen mit den liquidesten Instrumenten um, die für Zinssätze, Spread-Produkte, Aktien und Währungen zur Verfügung stehen. Ausgestattet mit unseren bewährten Instrumenten des Risikomanagements scheuen wir auch nicht, Derivate wie börsennotierte Futures und Optionen auf Anleihen und Aktienindizes einzusetzen.
Wie funktioniert die Strategie normalerweise, wenn sich die Märkte nicht gerade im Krisenmodus befinden?
In einem Marktkontext «normaler» Volatilität ist der Haupttreiber der Performance das Kernportfolio, da das taktische Portfolio keine oder nur wenige direktionale Engagements aufweist. In Abwesenheit starker Überzeugungen oder deutlicher Signale aus unseren Quantenmodellen ist das Portfolio von kurzfristigen Handelsaktivitäten geprägt, ohne die neutrale Haltung zu verletzen.
Besteht in solchen Phasen überhaupt Bedarf an Absolute-Return-Fonds?
Wir kommen von einem Marktzyklus, in welchem es galt, bei jedem Preiseinbruch zu kaufen, und welcher durch lockere monetäre Bedingungen unterstützt wurde. Was wir feststellen, ist das Fehlen nicht-korrelierter Strategien, die im Falle einer plötzlichen Trendwende greifen und für einen Ausgleich sorgen. Im letzten Jahrzehnt waren wir Zeugen mehrerer solcher Ereignisse, sowohl auf dem Anleihemarkt als auch auf den Aktienmärkten. So litten die Anleiheanleger im Jahr 2011 unter der Schuldenkrise der Peripherieländer. Auf der Aktienseite wiederum erlebten wir 2015 und 2016 eine wichtige Korrektur in den Schwellenländern. Die jüngsten Episoden fanden Ende 2018 und im ersten Quartal dieses Jahres statt. In all diesen Situationen leisteten unsere beiden Absolute-Return-Fonds hervorragende Arbeit beim Schutz des Kapitals und bei der Erzielung der dringend benötigten Rendite. Und eines ist sicher, wir können nicht ausschliessen, dass sich solche Vorkommnisse in Zukunft nicht wiederholen.
Wie sind aus der Sicht des Fondsmanagers die aktuellen Marktbedingungen zu beurteilen?
Es besteht kein Zweifel, dass wir uns mitten in einer unvorhergesehenen Krise befinden, die in der Covid-19-Pandemie ihren Lauf nimmt und die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft zieht. Auf breiter Ebene beobachten wir, dass sich die makroökonomischen Fundamentaldaten verschlechtern und die Finanzanlagen letztlich durch massive Liquiditätsspritzen der Zentralbanken unterstützt werden. Insgesamt geht die Volatilität zurück, während sich die Risikobereitschaft verbessert und die vorgehaltenen liquiden Mittel sukzessive eingesetzt werden, um neu entstehende Anlagechancen wahrzunehmen. Allerdings könnten diese Phänomene kurzfristiger Natur sein, da uns erst die makroökonomischen Daten im zweiten Quartal das wirkliche Ausmass des wirtschaftlichen Schadens zeigen werden, der durch den Lockdown entstanden ist. Wir sind allerdings auf eine wiederkehrende Anfälligkeit der Finanzmärkte vorbereitet.
Wer sind die idealen Investoren für Ihre Absolute-Return-Strategien?
Angesichts der eher geringen Volatilität und der geringen Korrelation zu traditionellen Anlagen beobachten wir, dass unsere Kunden diese Mittel für verschiedene Zwecke nutzen, wie beispielsweise zum Schutz von Anleihen- oder Aktienportfolios oder als Teil ihrer alternativen Investmentstrategie. Darüber hinaus zählen wir auch einige Versicherungsgesellschaften zu unseren Anlegern, da ihnen die niedrige Solvenzkapitalanforderung (SCR) von 3,5 bis 4,5 Prozent für diese Fonds entgegenkommt.
Link zum Disclaimer
Luca Sibani ist Head of Discretionary & Total Return Investments bei Epsilon SGR, der Quantitative-Boutique von Eurizon in Mailand. Er hat sein Wirtschaftsstudium an der Universität von Bologna abgeschlossen und ist Chartered Financial Analyst (CFA). Bevor er zu Epsilon SGR wechselte, war er unter anderem für die Chase Manhattan Bank of New York, Fondigest SGR und CAAM SGR tätig.