«Wir sind gegenüber Modeerscheinungen sehr skeptisch»

03.04.2014
Herr Varela, auf Ihrer Visitenkarte steht «Banquiers depuis 1856». Wie sieht die Geschichte Ihrer Bank aus?
Die Bank Piguet Galland hat ihren Ursprung im 19. Jahrhundert, nämlich mit der 1856 in Yverdon-les-Bains gegründeten Banque Piguet und der 1889 in Lausanne gegründeten Banque Galland. 1991 erwarb die Banque Cantonale Vaudoise (BCV) eine Mehrheitsbeteiligung an der Banque Piguet und 2011 übernahm die BCV dann die Banque Franck, Galland & Cie, um sie mit der Banque Piguet zu fusionieren. In dieser Form ist Piguet Galland & Cie für die Geschäftsentwicklung im Private Banking der BCV-Gruppe in der Westschweiz zuständig.
Gibt es in Ihrem Haus noch das klassische «Swiss Private Banking», wie man es sich so vorstellt, beispielsweise Kunden persönlich vom Flughafen abholen oder eine Privatschule für ihre Kinder suchen?
Es stimmt, dass wir unseren Kunden einen sehr persönlichen Service anbieten. Die Dienstleistungen, die Sie beschreiben, sind jedoch Concierge-Dienste, die nicht wirklich zu den Dienstleistungen gehören, die uns auszeichnen. Unsere Stärke liegt ganz anderswo. In den letzten zwei Jahren haben wir unser Angebot ausgebaut, um unseren Kunden einen globalen Vermögensverwaltungsansatz anzubieten. So haben wir uns zum Beispiel in den Bereichen Steuern und Vorsorge verstärkt. Heute könnte man unsere Aufgaben mit denen eines persönlichen CFO vergleichen. Wir sind sozusagen der CFO unserer Kunden, der so betrachtet zum CEO ihres Vermögens wird. Unsere Aufgabe besteht darin, die Struktur dieser Kundenvermögen zu verstärken, um sie zu erhalten und ihr Potenzial zu erweitern. Wie ein Finanzchef auch, wollen wir natürlich die wirtschaftliche Bilanz bestmöglich gestalten, achten aber gleichzeitig darauf, die Steuerbilanz zu optimieren.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?
An einem gewöhnlichen Tag verbringe ich einen Grossteil meiner Zeit mit dem Lesen und Beantworten von E-Mails. Zudem folgt eine Sitzung auf die andere. Wichtig ist, möglichst oft auszubrechen und Zeit zu finden, um zum Ursprung zurückzukehren. Das heisst, sich den Wirtschafts- und Finanzdaten zu widmen. Das ist es, worum es in meinem Beruf geht. Im Verlauf des Tages konsultiere ich viele Diagramme, Tabellen und Grafiken, die mir dabei helfen, in Echtzeit verschiedene Informationen und Trends zu beurteilen und dann einzuschätzen, wie sich diese auf die Entwicklung der Märkte auswirken könnten. Da die Märkte zuerst antizipieren und dann korrigieren, sind diese Analysen in verschiedener Hinsicht von grosser Wichtigkeit.
Ihre Bank ist an fünf Standorten in der Westschweiz sowie in Lugano vertreten. Wie wichtig ist Zürich als Finanzzentrum für Sie?
Zürich als eines der grössten Finanzzentren der Welt ist für uns bei der Entwicklung enorm wichtig. Heute konzentriert sich Piguet Galland auf drei Geschäftssektoren: die Vermögensverwaltung für hauptsächlich in der Westschweiz ansässige Privatkunden, Dienstleistungen für unabhängige Vermögensverwalter und die institutionelle Vermögensverwaltung. Bei Letzterer wünschen wir uns tatsächlich mehr Visibilität in Zürich. Dieses Jahr haben wir zum ersten Mal an der Fondsmesse teilgenommen und sind sehr zufrieden mit der Art, wie wir aufgenommen wurden. Es scheint, als wäre unsere etwas unkonventionelle Anlagephilosophie in Zürich gut angekommen. Wir werden also nächstes Jahr an der Fondsmesse wieder dabei sein und prüfen auf längere Sicht verschiedene Möglichkeiten, wie wir unsere Präsenz in der Deutschschweiz verstärken können.
Nebst dem Private Banking und der Vermögensverwaltung ist Ihr Haus im Anlagefondsgeschäft aktiv. Wie sieht Ihr Angebot da aus?
Bei uns als Privatbank steht die Erhaltung des Kapitals unserer Kunden im Zentrum. Dieser Grundsatz findet sich in allen unseren Anlagefonds wieder. Die Angebotspalette von Piguet Galland deckt weite Anlageuniversen ab und wurde vor über 15 Jahren lanciert, um unseren Kunden und Vermögensverwaltern einfache Produkte zur Verfügung zu stellen, welche die fundamentalen Diversifikations-, Liquiditäts- und Risikomanagementkriterien erfüllen. Rund um diese Standardprodukte haben wir Analysetools, Anlageprozesse und Allokationsstrategien entwickelt, mit denen wir ausgezeichnete Renditen generieren konnten. Seit der Lancierung der Angebotspalette haben wir gezeigt, dass wir in der Lage sind, unseren Anlegern über mehrere Zyklen hinweg starke Performances mit ausgeprägtem Risiko- und Volatilitätsmanagement anzubieten.
Der Piguet Global Fund ist mit seinem langjährigen Leistungsausweis das Aushängeschild Ihrer Fondspalette. Wie schaffen Sie es, bei solch tiefen Zinsen eine positive Rendite zu erwirtschaften?
Dem Piguet Global Fund - International Bond CHF (ISIN: LU0079234737) liegt ein aktiver Verwaltungsansatz mit strategischen Ausrichtungen und Positionen zugrunde, die stark vom Konsens oder den Benchmarks abweichen können. Angesichts des Tiefzinsumfelds und der nur leicht fortschreitenden geldpolitischen Normalisierung ziehen wir heute kurze Durationen vor. Wir konzentrieren uns auf Staatsanleihen höchster Qualität, solide Unternehmensanleihen und in geringem Masse auf Wandelanleihen, um von der Erholung der Aktienmärkte profitieren zu können. Natürlich beobachten wir auch die risikoreichsten Segmente des Anleihenmarkts wie das High-Yield-Segment, obwohl sein Ertragspotenzial schon recht stark ausgeschöpft ist. Dazu kommen einige gute Schuldner aus aufstrebenden Ländern. In Sachen Währung ziehen wir die Währungen der Länder vor, die sich wirtschaftlich schon am besten erholt haben. Sie werden als Erste ihre Leitzinsen anheben.
Wie generieren Sie mit Ihren Fonds Alpha? Was zeichnet Ihren Anlageprozess aus?
Wir haben über die Zeit eine sichere und bewährte Methodologie entwickelt. Langfristig wenden wir einen Top-down-Ansatz an, bei dem wir zunächst die grossen makroökonomischen Trends identifizieren. In einem zweiten Schritt betrachten wir die Bewertungen der Finanzmärkte anhand von Kriterien, die geografische Zonen, Sektoren, Kapitalisierungsgrössen oder Anlagestile wie «Growth» oder «Value» berücksichtigen. Diesen Prozess schliessen wir mit einer kurzfristigeren technischen Analyse ab, mit der wir die Anlegerstimmung einfangen und für die verschiedenen Vermögenswerte die besten Markteintritts- und Marktaustrittspunkte bestimmen. Wahrscheinlich ist dies der Bereich, in dem wir am effizientesten und unsere analytischen Fähigkeiten besonders ausgeprägt sind. Bei uns spielen zwei Grundsätze eine zentrale Rolle: Der erste geht von der Annahme aus, dass sich die Geschichte der Wirtschaft und der Finanzwelt immer wiederholt, auch wenn ständig neue Faktoren auftreten. Wir versuchen dann, die Übereinstimmungen zwischen mehreren Zyklen zu identifizieren und passen unsere Strategien entsprechend an. Der zweite beruht auf unserer Überzeugung, dass der Grossteil der Anleger völlig falsch liegt und dass es äusserst wichtig ist zu verstehen, wo der Konsens liegt, um sich davon zu entfernen.
Bitte beschreiben Sie Ihren Anlagestil.
Wir verwenden einen eher «konträren» Ansatz und sind gegenüber Modeerscheinungen sehr skeptisch. Wir ziehen es viel lieber vor, auf lange Sicht zu arbeiten, was zu einem grossen Teil auf unsere Verbundenheit mit einer Privatbank zurückzuführen ist. Seit der Auflegung der Fonds von Piguet Galland vor 15 Jahren hat sich unser Anlagestil nicht gross verändert. Darin liegt seine Stärke. Wir sind auf die Dauer diszipliniert und konsistent geblieben und haben so zwei schwere Krisen ohne grosse Probleme überstanden. Wir sind in der Lage, langfristig, also über mehrere Zyklen hinweg, ein hohes Performanceniveau beizubehalten. Die Qualität und die Konstanz unserer Fondsergebnisse sind auf die konsistente, disziplinierte und pragmatische Art zurückzuführen, wie wir die Fonds verwalten. Wir haben nichts gegen Risiken. Wenn wir aber welche eingehen, dann vergewissern wir uns vorher, dass sie auch angemessen entschädigt werden.
Sie konkurrieren mit grossen Namen. Was sind die Vorteile eines kleinen Anlageteams?
Wie Sie schon gesagt haben, handelt es sich beim Anlageteam von Piguet Galland um eine kleine Gruppe. Das Team ist jedoch sehr homogen und besteht schon seit 15 Jahren. Es funktioniert deshalb äusserst stabil. Unsere Vermögensverwalter verfügen durchschnittlich über 15 Jahre Praxiserfahrung bei Piguet Galland und durchschnittlich über 25 Jahre Markterfahrung. Sie haben sowohl die Höhenflüge als auch die grossen Börsenkrisen erlebt, so dass sie sich heute nicht so schnell aus der Ruhe bringen lassen, ob jetzt bei einer Hausse oder einer Baisse. Um auf Ihre Frage zurückzukommen, der grösste Vorteil unserer kleinen Grösse ist, dass bei uns niemand zwischen den Personen, welche die Anlagestrategie festlegen und denjenigen steht, die sie umsetzen. In grösseren Unternehmen ist es ziemlich oft so, dass es zwischen dem CIO und den Vermögensverwaltern Reibereien gibt, weil sie nicht unbedingt gleicher Meinung sind. Bei Piguet Galland haben wir dieses Problem nicht.
Daniel Varela begann seine berufliche Laufbahn bei Unigestion in Genf und kam 1999 als Leiter der Bereiche Analyse und Obligationenmanagement zur Banque Piguet & Cie. Im Juli 2011 übernahm er als CIO die Leitung des Bereichs Anlagestrategie und im Januar 2012 wurde er Mitglied der Geschäftsleitung. Daniel Varela verwaltet ausserdem seit 15 Jahren den Piguet Global Fund - International Bond, einen bereits mehrmals für seine Performancequalität ausgezeichneten Obligationenfonds. Die Schweizer Privatbank Piguet Galland & Cie SA beschäftigt über 180 Mitarbeitende und betreut rund 8 Mrd. Schweizer Franken Kundenvermögen.