«Wir sind schnell, sehr flexibel und bieten einen kompetitiven Preis»

13.01.2014
Herr Scheuble, können Sie ein paar Worte zur Geschichte Ihres Unternehmens sagen?
Während meiner Zeit bei der Deutschen Bank habe ich festgestellt, dass es keinen Indexanbieter gab, dem es möglich war, sehr schnellen Service zu angemessenen Preisen anzubieten. Also bin ich der Frage nachgegangen und wir haben das geschaffen, was heute Solactive ist. Damals noch als Zusammenarbeit der Börse Stuttgart und einer Schweizer Unternehmensberatung. Seitdem haben wir viele Indizes für ETF-Anbieter, Asset Manager, Investmentbanken oder andere institutionelle Kunden lanciert. Der erste ETF wurde von der BNP Paribas an einen von uns berechneten Index im Jahr 2008 gelinkt.
Solactive berechnet aktuell mehr als 1‘000 Indizes für rund 100 Kunden in Europa, Amerika und Asien. Global gibt es 125 ETFs auf von uns berechnete Indizes. Nach Anzahl ETFs belegt Solactive in den Vereinigten Staaten zurzeit Platz 3 der Indexberechner.
Sie entwickeln also nicht nur Indizes, Sie machen auch Berechnungen im Auftrag von Dritten?
Ja. Solactive entwickelt, berechnet und verteilt Indizes quer über alle Assetklassen mit verschiedenen Gewichtungsmethoden. Wir bieten unseren Kunden Indizes der Marke Solactive sowie ein breites Sortiment von White-Label-Services, da wir einen klaren Fokus auf massgeschneiderte Indizes haben.
Nur in Deutschland oder auch in anderen Ländern?
Solactive ist ein deutscher Indexanbieter, dennoch haben wir Kunden auf der ganzen Welt. Der Grossteil sitzt in den Vereinigten Staaten, gefolgt von Europa und einem wachsenden Geschäftspotential in Asien.
Das ist beeindruckend. Gibt es in den USA nicht schon genügend Anbieter für diese Dienstleistungen?
Das Indexgeschäft ist genau wie die Finanzindustrie global. Unsere Kunden entscheiden sich für Solactive, da wir uns von den anderen Indexanbietern abheben. Vor einem Jahrzehnt waren Indizes meistens grosse Equity Benchmarks. Seitdem ist der Bereich der indexbasierten Produkte deutlich gewachsen und die meisten, die heutzutage lanciert werden, sind massgeschneidert und verteilen sich quer über alle Assetklassen. Wir sind schnell, sehr flexibel und bieten einen kompetitiven Preis. Eine gute Option für diejenigen, die einen massgeschneiderten Index möchten und nicht mehr bezahlen nur für die Marke des Indexanbieters.
Wie kommen Sie in den USA an Mandate?
Unser Geschäft in den Vereinigten Staaten begann durch Empfehlungen europäischer Kunden, die mit der Qualität unseres Services in Kombination mit einem angemessenen Preis zufrieden waren. Dies in Kombination mit einer Reihe umfangreicherer Grossprojekte führte dazu, dass wir in den USA «sichtbar» wurden. Seitdem ist das Geschäft sehr schnell gewachsen.
Braucht es für die Entwicklung, Berechnung und Überwachung viele Leute in Frankfurt oder reicht dafür - vereinfacht ausgedrückt - ein überaus leistungsstarker Computer?
Das Indexgeschäft ist IT-getrieben und dass wir unser System erst kürzlich gebaut haben, ist offensichtlich ein grosser Pluspunkt. Dennoch haben wir ein tolles Team aus Fachleuten in Frankfurt, welches für Entwicklung und Betrieb unserer Indizes auf täglicher Basis verantwortlich ist.
Gross geworden ist Ihr Unternehmen parallel mit der rasanten Entwicklung des Strukturierten-Produkte-Marktes, richtig? Dieser Markt ist bekanntlich an seine Grenzen gestossen, da und dort klar im Rückwärtsgang. Jetzt orientieren Sie sich in Richtung ETFs?
Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe Strukturierter Produkte auf die von uns berechneten Indizes. Aber wir entwickeln auch Indizes für andere Vehikel wie beispielsweise ETFs. Letzten Endes kreieren wir Indizes, um die Nachfrage unserer Kunden zu decken. Wie wir die Indizes bauen, ist abhängig davon, was benötigt wird bzw. welchen Produkttyp man schaffen möchte.
Ist hier das Feld mit den grossen Anbietern wie MSCI, Dow Jones und FTSE nicht schon besetzt?
Traditionelle Indexanbieter waren bisher eher aktienorientiert. Sie schufen grosse Indizes, die weltweit als Benchmark oder Underlying für Finanzprodukte genutzt werden. Es wird immer Menschen geben, die bereit sind, viel zu bezahlen, um Zugang zu einem dieser 20 bis 25 bekanntesten Indizes wie DJIA, FTSE 100 oder MSCI Asia zu bekommen. Jedoch sind immer weniger Menschen bereit, mehr für einen Custom Index zu bezahlen, etwa wenn es ein Cross-Asset-Index oder kein nach Marktkapitalisierung gewichteter Index ist. Am Wichtigsten ist nicht der Name des Indexanbieters sondern die Qualität der Services.
Wo und wie erkennen Sie konkret Nischen?
Es gibt bereits so viele Aktienindizes, dass die Anbieter immer nach noch innovativeren Ideen oder Nischenkonzepten suchen. Der Solactive 3D Printing Index ist ein gutes Beispiel einer einfachen Idee, die gut funktioniert. Im März 2013 waren wir die ersten, die einen Index zum Thema 3D-Drucker am Markt lanciert haben. Der Index ist seit Start schon um 71,1 Prozent (per 31.12.2013) gestiegen. Er wird derzeit als Underlying für Strukturierte Produkte der UBS genutzt.
Welche ETF-Emittenten haben bereits Indizes von Ihnen lizenziert, in Europa und in den USA?
Wir arbeiten mit den meisten der grossen ETF-Anbieter auf beiden Seiten des Atlantiks zusammen. Bei unserem jüngsten Launch handelt es sich um den Index, der für den Cambria Foreign Shareholder Yield ETF genutzt wird, gelistet Anfang Dezember in New York. Eine unserer Erfolgsgeschichten aus dem Jahr 2013 war der Solactive Guru Index mit einer Performance von 48,4 Prozent (per 31.12.2013). Der Index wird als Underlying für den Global X Guru ETF genutzt und hat Assets von 427,7 Mio. US-Dollar (per 31.12.2013).
Was sind Ihre Ziele fürs kommende Jahr?
Für das Jahr 2014 haben wir viele Indizes in der Vorbereitung, dazu gehören zwei spannende Projekte in Europa und diverse interessante Anfragen aus den USA, welche innerhalb der nächsten Monate finalisiert werden.
Steffen Scheuble ist Vorstand und Gründer der Solactive AG. Seine Kariere begann er bei der Deutschen Bank in Frankfurt, wo er mehrere Jahre im Derivatebereich arbeitete. Anschliessend ging er zu einer Schweizer Unternehmensberatung und leitete dort das institutionelle Geschäft. Dieses kaufte er im Rahmen eines Management Buyouts und baute es zur heutigen Solactive AG aus.