«Wir sind Value-Investoren im Stile der Columbia Business School»

Business Development & Research
Value Intelligence Advisors GmbH, München
via-value.de
20.05.2022
Herr Herde, wie denken Sie über das Thema Inflation?
Wir denken, dass Inflation ein strukturelles Problem ist, das heisst nicht ausschliesslich zyklischer Natur. Insbesondere durch die enorme Ausweitung der Geldmenge während der Pandemie wurde in manchen Bevölkerungsschichten viel Geld auf den Konten angesammelt. Diese Geldmenge trifft auf ein verknapptes Angebot und der Ukraine-Krieg beschleunigt das Ganze noch zusätzlich. Die Frage, wie lange die Inflation weiter hoch bleibt und wie stark die Zentralbanken die Zinsen weiter erhöhen, ist sehr schwer abzuschätzen. Generell versuchen wir uns diesem Risiko möglichst zu entziehen, indem wir Unternehmen mit kurzer Duration, sprich geringer Zinssensitivität, suchen. Diese Unternehmen sind robuster, wenn die Zentralbanken getrieben durch die Inflation die Geldpolitik restriktiver gestalten müssen. Inflation ist und bleibt ein anspruchsvolles Umfeld sowohl für Anleihen als auch für Aktien. Auch in Bezug auf das Wirtschaftswachstum sind wir vorsichtig. In unserem Basisszenario stellen wir uns daher auf Stagflation ein. Generell denken wir aber in multiplen Szenarien und machen uns immer darüber Gedanken, was mit dem uns anvertrauten Geld passiert, wenn es doch anders kommen sollte als wir vermuten. Idealerweise finden wir also Unternehmen, die sich in verschiedensten Szenarien gut entwickeln können.
Sie sprechen häufig von Duration im Kontext von Aktien - was ist damit genau gemeint?
Unternehmen, die stärkeres Wachstum aufweisen und deren Cashflows zu einem grösseren Teil weiter in der Zukunft liegen, reagieren in der Bewertung in einem DCF-Modell viel stärker auf Zinserhöhungen, da die zukünftigen Cashflows mit einem höheren Discount-Faktor abgezinst werden. In den letzten Jahrzehnten hat der Trend fallender Zinsen also stetig die Bewertungen, insbesondere von wachstumsstarken Unternehmen, subventioniert. Wir suchen daher Unternehmen mit verkapptem, nicht so offensichtlichem Wachstum. Eine gute Indikation, ob es sich bei einem Unternehmen um ein stark wachsendes handelt, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Dies ist keineswegs immer ein gutes Indiz für eine Über- oder Unterbewertung, liefert aber einen guten Anhaltspunkt, inwiefern Wachstumserwartungen eingepreist sind. Aus unserer Sicht empfiehlt es sich, Positionen zu reduzieren, deren Qualität und Wachstum zu offensichtlich sind.
Mit welcher Strategie versucht VIA den Herausforderungen der Gegenwart entgegenzutreten?
Wir haben im Rahmen unserer Value-Perspektiven-Roadshow Ende letzten Jahres drei Punkte genannt, die unseren «Gameplan» zusammenfassen:
- Weg von den grossen Indizes! Hier sehen wir ein Marktrisiko, dem sich die grössten und besten Unternehmen unabhängig, ob diese nun über- oder unterbewertet sind, nur schwer entziehen können, da diese bedingt durch ihre enorme Grösse den Markt repräsentieren.
- Kürzere Duration, sprich mehr subtilere Qualität zu niedrigeren Multiples, d.h. echtes Stockpicking. Unser globales Universum ist dabei von Vorteil.
- Fokus auf lokale Servicedienstleister! Hier suchen wir nach Unternehmen, die in einem lokalen Markt eine dominante Marktstellung haben und dennoch günstig bewertet sind.
Und wie hat Ihre Strategie bisher funktioniert?
Sowohl der «Value Intelligence Fonds AMI» als auch der «Value Intelligence ESG Fonds AMI» haben 5 Sterne bei Morningstar. Die historischen Drawdowns der Fonds sind vergleichsweise niedrig und auch beim Return liegen wir selbst im Vergleich zu den erfolgreichsten vermögensverwaltenden Aktienfonds in der Spitzengruppe. In diesem Jahr hat unsere «Winning by not losing»-Strategie besonders gut funktioniert: Wir liegen mit beiden Fonds nach wie vor im Plus.
Wie unterscheidet sich VIA von anderen qualitätsaffinen Value-Investoren?
Wir sind Value-Investoren im Stile der Columbia Business School, d.h. analysieren Geschäftsmodelle, Kapitalallokation und bewerten Unternehmen. Unsere Differenzierung liegt in der Berücksichtigung von weiteren Einflussfaktoren, z.B. makroökonomischen oder politischen Entwicklungen. Im Vergleich zu anderen qualitätsaffinen Value-Investoren stützen wir uns im Risikomanagement somit auf mehr «Antennen», d.h. empfangen mehr Signale. Wir gehen davon aus, dass gerade diese Antennen in den 20er Jahren besonders nützlich sein werden.
Link zum Disclaimer
Maximilian Herde ist seit April 2020 für VIA im Bereich Business Development & Research tätig. Er hat eine Doppelfunktion und unterstützt auf der einen Seite bei vertrieblichen Themen und auf der anderen Seite in der Unternehmensanalyse. Zu Beginn seiner professionellen Laufbahn bei VIA erweiterte er seine Value-spezifische Ausbildung durch das Value-Investing-Seminar von Prof. Tano Santos (Columbia University).