«Wir verbessern den Austausch von Fondsdaten - und das kostenlos»

06.07.2016
Herr Pérez Cina, gerade erschien eine Medienmitteilung, dass openfunds 1.0 erschienen ist. Um was handelt es sich dabei?
Bei openfunds handelt es sich um eine Initiative von einigen Fondsdistributoren, die den Austausch von Fondsdaten durch Standardisierung einfacher, schneller und präziser machen soll.
Gibt es das nicht schon? Ich denke da zum Beispiel an die ISIN.
Die ISIN ist tatsächlich ein sehr gutes Beispiel, wie man es richtig macht. Die Benutzung ist kostenfrei, lediglich der Emittent zahlt eine relativ kleine Gebühr. Sie ist standardisiert, sehr weit verbreitet, gleichzeitig akzeptiert und hat durch ihre Prüfziffer bereits eine Validierungsmöglichkeit implementiert. Leider ist sie im Fondsbereich aber auch eine der ganz wenigen genau spezifizierten Datenpunkte. Daneben gibt es hunderte, für die es entweder keine oder konkurrenzierende Spezifikationen gibt. Nehmen Sie zum Beispiel den Fondsnamen. Man sollte meinen, jeder in unserer Branche weiss, was da dazugehört. Das ist aber nicht der Fall, weil nicht klar ist, ob der Fondsname zum Beispiel den Namen des Fondshauses, den Namen eines allfälligen Umbrellas oder die Anteilsklassenbezeichnung umfasst oder nicht. Oder die Total Expense Ratio. Beinhaltet diese nun eine allfällige Performancegebühr oder nicht? So gibt es unzählige Beispiele, bei denen der Name eigentlich sagt, was gemeint ist, es aber keine genaue Spezifikation gibt.
Und dies wollen Sie ändern?
Ja, genau.
Und wie?
Eigentlich ganz einfach. Wir haben die wichtigsten Datenfelder genommen und uns aus den verschiedenen Varianten auf eine geeinigt. Dieses Datenfeld haben wir dann spezifiziert und ihm einen Namen gegeben. Aber vielleicht noch wichtiger: Wir haben jedem Feld eine eindeutige Nummer gegeben. Die Liste aller Datenfelder haben wir unter openfunds.org ins Netz gestellt.
Das klingt tatsächlich einfach. Wieso hat das noch niemand zuvor gemacht?
Da gab und gibt es schon Initiativen. Denken Sie zum Beispiel an FundsXML oder den Fund Processing Passport.
In diesem Fall stellt sich die Frage, warum braucht es noch openfunds?
Weil sich die anderen Initiativen nie wirklich durchsetzen konnten.
Worauf führen Sie dies zurück?
Vermutlich sind es mehrere Gründe. FundsXML ist nicht schwierig zu verstehen, aber sehr mächtig und ohne Informatikprojekt wahrscheinlich nicht implementierbar. Der Fund Processing Passport ist mit Kosten und ebenfalls einem Implementierungsaufwand verbunden. Aber der entscheidende Punkt bei beiden ist, dass sie von der falschen Seite lanciert wurden.
Was meinen Sie mit falscher Seite?
Bisher gingen solche, eigentlich lobenswerten Initiativen immer von den Fondshäusern oder von Serviceprovidern aus. Eine Initiative, die von Fondsdistributoren gestartet wurde, ist mir nicht bekannt. Wenn Sie nun fragen, was das für einen Unterschied macht, kann ich nur sagen: den Entscheidenden. Versetzen Sie sich in die Lage eines Fondsdistributors. Je grösser Sie sind, desto mehr bestimmen Sie, wie die Fondsdaten angeliefert werden müssen. Das ist nicht anders als im Detail- oder Lebensmittelhandel. Auch dort sagen die grossen Häuser den Lieferanten, wie sie die Anlieferung erwarten. Da es bei den Fondsdistributoren ebenfalls mehrere grosse Häuser gibt, muss und wird sich ein Lieferant, der alle beliefern will, auf jeden einzelnen Verteiler einstellen. In unserer Branche heisst das, dass das Fondshaus all die unterschiedlichen Formate und Verfahren der einzelnen Fondsdistributoren akzeptieren muss.
Aber widersprechen Sie sich jetzt nicht selbst? Die Credit Suisse gehört doch zu den bedeutendsten Fondsdistributoren. Sie müssten daher doch keine Rücksicht auf andere nehmen?
Das ist richtig; aber zu kurzfristig gedacht. Denn mit all den Regulierungen und dem massiv steigenden Datenvolumen gibt es bereits heute viele Missverständnisse, wenn es um die genaue Bedeutung einzelner Felder geht. Da hilft openfunds als zentrale Anlaufstelle. Für besonders schwierige oder komplexe Themen stellt openfunds zusätzlich noch White Papers zur Verfügung. Nehmen Sie doch nur die drei massgeblichen openfunds-Fondsdistributoren: Für ein Fondshaus ist es unverhältnismässig aufwändig, sich in die verschiedenen Feldinterpretationen von UBS, Julius Bär und Credit Suisse hineinzudenken, geschweige denn, diese vollständig zu verstehen. Darunter leidet dann die Qualität der Daten, wie wir sie erhalten.
Wie soll man sich die Zusammenarbeit mit den anderen Fondsdistributoren vorstellen?
So einfach die Idee ist, so langwierig ist ihre Umsetzung. Zusammen mit den anderen Häusern, die Sie auf der Webseite openfunds.org einsehen können, treffen wir uns nun seit zwei Jahren regelmässig und haben jedes der dort publizierten circa zweihundert Felder besprochen. Das geht bei vielen Feldern sehr schnell und dann bleiben wir wieder für Tage und Wochen an einem einzelnen Feld hängen. Dabei müssen Sie auch beachten, dass wir das ja quasi nebenher zu unserer eigentlichen Tätigkeit und Verantwortung machen.
Aber jetzt haben Sie es ja geschafft. Ich darf Ihnen also gratulieren!
Vielen Dank! Wir haben mit der Lancierung der Version 1.0 einen wichtigen Meilenstein erreicht, aber es liegt auch noch viel vor uns. MiFID II, PRIIPs KID und Solvency II mit vielen neuen Datenfeldern stehen vor der Tür. Daneben würden wir gerne auch noch die dynamischen Datenfelder spezifizieren und einige zusätzliche Felder im Bereich der Fondsabwicklung aufnehmen. Das Wichtigste von allem aber dürfte sein, dass wir den Markt überzeugen müssen, dass es sich lohnt, sich mit openfunds zu beschäftigen. Da fällt mir ein: openfunds ist absolut kostenlos!
Geboren und aufgewachsen auf den Kanarischen Inseln, studierte Fabio Pérez Cina an der Universität Zürich Wirtschaftsinformatik, wo er auch seinen Master of Science im 2008 abschloss. Seit acht Jahren in der Credit Suisse tätig, führt Fabio Pérez Cina zuletzt das Fund Lab und Data Team im Investment Solutions and Products-Bereich bei der Credit Suisse in Zürich.