«Wir wenden uns vermehrt neuen Behandlungsmethoden zu»

19.10.2018
Herr Dr. Koller, Biotechaktien scheinen die Anleger wieder etwas mehr zu begeistern als während der letzten Monate. Ist dem tatsächlich so?
Im 3. Quartal konnte der Sektor tatsächlich die ersten Kapitalzuflüsse seit einem Jahr verzeichnen. Das zurückgekehrte Anlegerinteresse ermutigte Unternehmen zu Börsengängen und Zweitplatzierungen. Die innovativen Wegbereiter unter den Medikamentenherstellern profitierten von Grundsatzerklärungen zuständiger Behörden. Sowohl die US-Arzneimittelbehörde (FDA) als auch das ihr übergeordnete Gesundheitsministerium bekräftigten, die Zwischenhändler der Medikamentenlieferkette stärker ins Visier zu nehmen, worauf die Biotechaktien positiv reagierten.
Wie ist das Quartal grundsätzlich gelaufen?
Die Aktienmärkte schlossen trotz Handelskriegsrhetorik fester, wobei die europäischen Märkte nicht ganz mit dem US-Pendant nicht mithalten konnten. Die Gesundheitsmärkte entwickelten sich nach einem enttäuschenden 1. Halbjahr im 3. Quartal gut. Der MSCI World Health Care Index schloss 11.6 Prozent in US-Dollar fester. Dasselbe galt für Biotechaktien - der NBI stieg im Berichtszeitraum um 11.2 Prozent in US-Dollar. Eine besonders starke Leistung im Gesundheitssektor zeigten Titel aus den Bereichen Life-Science-Tools, Medizintechnologie und Healthcare Services. Die Aktie von BB Biotech legte in Schweizer Franken knapp 8 Prozent zu.
Sie sprechen in Ihrem Quartalsbericht von einer Portfoliorestrukturierung. Was darf man sich darunter vorstellen?
Grundsätzlich halten wir an unserer langfristigen und wertorientierten Strategie fest, auch wenn der Biotechsektor zur Zeit eher durch kurzfristige Anlagestrategien bestimmt ist. Schon seit einiger Zeit bietet der Markt beeindruckende Anlagemöglichkeiten der nächsten Generation. Dies hat uns dazu veranlasst, mittelgrossen und kleineren Unternehmen eine stärkere Gewichtung als Large Caps einzuräumen und uns vermehrt neuen Behandlungsmodalitäten und -ansätzen zuzuwenden. Dieses Rebalancing ist Bestandteil unseres ständigen aktiven Managements von Vermögenswerten innerhalb des Portfolios. Wir rücken langsam von der Fokussierung auf klassisch pharmazeutische Chemie und rekombinante Proteintherapeutika ab und orientieren uns stärker in Richtung sophistizierter monoklonaler Antikörper, RNA-basierter Wirkstoffe sowie Gen-und Zelltherapien. Einige dieser neuen Ansätze bieten einen nachhaltigen Nutzen, durch den die Produktleistung und der ökonomische Wert gegenüber älteren Modalitäten verbessert werden können.
Wie geht diese Restrukturierung von statten?
Wir haben im Sommer bereits damit begonnen und schreiten erfolgreich voran. Die Restrukturierung des Portfolios beinhaltet eine behutsame Umschichtung von Large Caps hin zu vielversprechenden Small Mid. Die langfristigen Portfoliobeteiligungen wie etwa Celgene, Gilead und Novo Nordisk haben in der Vergangenheit einen hervorragenden Beitrag zur Wertentwicklung des Portfolios geleistet. Diese Leitaktien dürften ihren Status jedoch als tonangebende Wachstumstitel in Zukunft verlieren. Daher setzten wir bei der Anpassung des Portfolios während des 3. Quartals zunächst auf sorgfältige Gewinnmitnahmen.
Wo haben Sie Portfolioanpassungen vorgenommen?
Einen Teil der Positionen in Regeneron und Neurocrine haben wir aus taktischen Gründen verkauft. Die Erlöse haben wir beispielsweise in die neue Position Scholar Rock investiert und die jüngst aufgebauten Positionen in Argenx, Exelixis und Nektar Therapeutics ausgebaut. Auch unsere Engagements in Alnylam, Macrogenics, Voyager Therapeutics, Wave Life Sciences und Radius Health haben wir aufgestockt, da deren Marktbewertungen deutlich unter dem jeweiligen inneren Wert lagen. Inzwischen besteht unser Portfolio aus 34 Biotechtiteln.
Sie werden seit dem 24. September in den SMIM- und SPI Indizes der Schweizer Börse geführt. Hat das Auswirkungen auf die Entwicklung der Aktie?
Die Aufnahme in den SMIM Index bestätigt unsere erfolgreiche Performance im Wachstumsmarkt Biotechnologie. Die Nachfrage nach der Aktie hat zugenommen, was sich aktuell in einer höheren Prämie zwischen Kurs und NAV widerspiegelt.
Was erwarten Sie vom Rest des Biotechjahres?
Das Portfolio von BB Biotech dürfte auch im 4. Quartal und bis deutlich ins Jahr 2019 hinein durch eine hohe Dynamik begünstigt werden. Der Markt rechnet mit der Veröffentlichung zahlreicher Ergebnisse spätklinischer Versuche und diversen Produktzulassungen. Grosse Pharmaunternehmen könnten angesichts ihrer steigenden Marktkapitalisierung auch ihre M&A-Aktivitäten forcieren. Pharmariesen werden nur erstklassige Biotechfirmen übernehmen, nämlich genau die Unternehmen, in die BB Biotech gerne investiert.
Dr. Daniel Koller trat 2004 bei Bellevue Asset Management ein und ist als Senior Portfolio Manager im Bereich Biotechnologie mit Spezialgebiet Herz-Kreislauf-Krankheiten tätig. Seit 2010 ist er Head Management Team der börsenkotierten Beteiligungsgesellschaft BB Biotech AG. Vor seinem Eintritt bei Bellevue Asset Management war er während vier Jahren in der Finanzindustrie tätig, zuerst in der Funktion als Aktienanalyst bei UBS Warburg, danach als Private-Equity-Investor bei equity4life. Daniel Koller studierte Biochemie an der ETH Zürich und doktorierte im Bereich Biotechnologie während seiner Tätigkeit bei Cytos Biotechnology.