«Wohin geht die Reise der nachhaltigen Geldanlage?»

Head ETF & Index Fund Sales Deutschland & Österreich
UBS Asset Management (Deutschland) GmbH, Frankfurt ubs.com/etf
19.02.2021
Herr Rodewald, Nachhaltigkeit gilt heutzutage vielfach als geflügeltes Wort - gerade beim Investieren muss der Begriff für viele aber noch mit Leben gefüllt werden. Was sollten Anlegerinnen und Anleger dazu wissen?
Es ist richtig, dass wir nachhaltiges Investieren auch rund zehn Jahre nach den ersten entsprechenden Lancierungen unseres Hauses noch immer erklären müssen, auch wenn es seither deutlich aus den Kinderschuhen herausgewachsen ist. So hält sich in Teilen etwa noch immer die Mär, mehr Nachhaltigkeit im Portfolio ginge mit weniger Rendite einher. Wenn Anlegerinnen und Anleger daher eines wissen sollten, dann, dass «grüne» Investments nicht nur ökologisch, sondern eben auch ökonomisch nachhaltig sind. Performancezahlen verdeutlichen, dass sich gute Rendite und gutes Gewissen nicht ausschliessen - auch wenn Ergebnisse der Vergangenheit natürlich nur bedingt Aussagekraft hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen haben. Darüber hinaus können Nachhaltigkeitsfilter, beispielsweise ESG-Filter, die gewisse Kriterien des Ökologischen, des Sozialen und der guten Unternehmensführung miteinbeziehen, das eigene Portfolio zusätzlich vor Risiken schützen. Dies gilt etwa für Risiken, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel oder entsprechenden politischen Regulierungen stehen. Nachhaltig zu investieren ist also keine Mode, die Anlegerinnen und Anlegern im schlimmsten Fall gar aufgezwungen wird, sondern eine wirtschaftliche rationale Entwicklung in der Finanzindustrie.
Entwicklung ist das Stichwort. Sie sagen, dass nachhaltige Investments aus ihren Kinderschuhen herausgewachsen sind. Wo sehen Sie denn rund zehn Jahre nach Ihren ersten Lancierungen in dem Segment noch Innovationspotenziale?
Raum für Innovationen bietet sich nach wie vor an vielen Stellen. Wichtig ist, dass Nachhaltigkeit und damit verbundene Tendenzen sehr dynamisch sind. So ändert sich beispielsweise der politische Umgang mit Fragen der Nachhaltigkeit. Auch die Anforderungen, die Anlegerinnen und Anleger an nachhaltige Finanzprodukte stellen, entwickelt sich. Ein gutes Beispiel dafür ist der Klimaschutz. Heute reicht es nicht mehr, einzelne Unternehmen oder Branchen aus Indizes herauszufiltern, weil ihre Geschäftsmodelle in bestimmten Bereichen beheimatet sind. Natürlich ist dies noch immer Bestandteil nachhaltigen Investierens, zeitgleich müssen Unternehmen aber etwa auch nach ihrem CO2-Fussabdruck bewertet und unterschiedlich gewichtet werden. Das haben unter anderem auch Konsultationen von MSCI mit den grössten eigenen Kunden ergeben. Ein zentraler Innovationsstrang ist daher, an bereits bestehenden Modellen zu feilen und sie zeitgemäss zu gestalten. So haben wir etwa gemeinsam mit MSCI unsere SRI-Methodologie in puncto Klimaschutz verbessert und um klimaverändernde Ausschlüsse ergänzt. Mit der neuen Methodologie filtern wir bei unseren SRI-ETFs die zehn Prozent der Titel mit dem grössten Kohlenstoffausstoss heraus, bevor der gewohnte MSCI-SRI-Filter angewendet wird. Nachdem dieser Unternehmen aus dem Index filtert, die etwa in den Bereichen Glücksspiel und Tabak oder genverändernder Landwirtschaft tätig sind, werden zusätzlich durch den neuen Ansatz noch solche ausgeschlossen, die in den Bereichen Kraftwerkskohlebergbau, konventionelle und unkonventionelle Erdöl- und Gasförderung, Ölsandgewinnung, Stromerzeugung aus Kraftwerkskohle, Erdöl oder Gas sowie im Bereich der Kernenergie tätig sind. Auch der Besitz von Reserven fossiler Brennstoffe ist ein Ausschlusskriterium. In einem letzten Schritt werden abschliessend die 25 Prozent der Unternehmen mit dem besten ESG-Rating je Sektor ausgewählt, die restlichen werden aussortiert.
Innovation entsteht heute also, indem Bestehendes optimiert wird?
Dynamische Entwicklungen anzuerkennen und das eigene Vorgehen entsprechend anzupassen ist eine Form von Innovation. Solang die Märkte jedoch wie gewohnt Herausforderungen bereithalten, gibt es auch darüber hinaus Raum für nachhaltige Antworten. In einer Zeit, in der europäische Staatsanleihen etwa überwiegend negativ rentieren, richtet sich der Blick auf der Suche nach attraktiven Opportunitäten häufig auf Schwellenländer. Hier bieten sich viele Möglichkeiten nachhaltiger Innovationen. Ein Beispiel ist unser «J.P. Morgan USD EM IG ESG Diversified Bond ETF». Dabei handelt es sich um den ersten nachhaltigen ETF für Schwellenländeranleihen, der sich ausschliesslich aus solchen mit Investmentgrade-Bewertung zusammensetzt. Die Volkswirtschaften der Schwellenländer sorgen für einen erheblichen Anteil des globalen Wirtschaftswachstums und die Einbeziehung dieses Segments kann für Diversifikation und eine positive Renditeentwicklung in Portfolios sorgen. Unser Angebot beinhaltet eine kredit- und nachhaltigkeitsgefilterte Auswahl an in Dollar emittierten Staats- und Unternehmensanleihen, die aufgrund der verbesserten Kreditqualität auch für Anlegerinnen und Anleger interessant sind, die gewisse Mindestanforderungen beachten müssen, etwa institutionelle. Soll das Exposure gegenüber High-Yield-Papieren reduziert werden, bietet sich somit nun eine innovative, nachhaltige Option. Klar ist, dass sich die Investmentbranche fortlaufend wandelt. Innovationsmöglichkeiten bieten sich somit nach wie vor viele und meine langfristige Prognose ist, dass «grüne» Angebote zum neuen Standard werden.
Link zum Disclaimer
Dag Rodewald ist Head ETF & Index Fund Sales Deutschland & Österreich bei der UBS Asset Management (Deutschland) GmbH, in Frankfurt. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung an den Finanzmärkten. Vor seinem Eintritt bei UBS ETFs im Jahr 2013 war er für verschiedene internationale Investmentbanken tätig, zuletzt als Leiter des Sales Trading bei der Commerzbank. Dag Rodewald ist Diplom-Volkswirt und hat an den Universitäten in Heidelberg und Regensburg sowie der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee, studiert.