Zukunftsmedium Video: Das TV-Studio in der Hosentasche

02.06.2020
Frau Deuber, Sie sind eine erfahrene Journalistin und in der Schweiz einem breiten Publikum als Fernseh-Moderatorin bekannt. Wie kam es zu dieser Karriere?
Ich kannte wohl meist im richtigen Moment die richtigen Leute und brachte die gesuchte Erfahrung mit. Eigentlich bin ich Sekundarlehrerin. Anfang der 90er Jahre fand man aber kaum Stellen, so dass ich als Ausbilderin bei der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt (heute Credit Suisse) anfing. Schon kurze Zeit später habe ich in die Marketing-Abteilung des Uetlihofs gewechselt und das erste regelmässige Corporate TV der Schweiz aufgebaut. Von «SKA im Bild» ging es über TeleZüri zu CashTV, das ich bis zur Einstellung der Sendung 2012 moderiert habe.
Wie sieht eine normale Arbeitswoche bei Ihnen aus?
Eine typische Arbeitswoche gibt es nicht. Meine Firma «Film & Mehr» hat drei Standbeine: Filmproduktionen fürs Fernsehen, in erster Linie Dokumentarfilme für «NZZ Format» und Auftragsproduktionen für Unternehmen, Moderationen von Anlässen sowie Schulungen: Neben Medientrainings sind es vor allem Videokurse mit dem Smartphone, die ich 2013 entwickelt habe.
Smartphone-Videos sind aus Alltag und Urlaub nicht mehr wegzudenken. Aber ist dieses Format auch im Business angekommen?
Beim Start der Smartphone-Filmkurse wurde man schon etwas belächelt, wenn man professionelle Filme mit dem Telefon drehen wollte. Inzwischen haben die Unternehmen verstanden, dass selbstgedrehte Videos kostengünstig sind und authentisch wirken. Für einen professionellen Standard müssen die Grundregeln der Videoproduktion bekannt sein, sonst sehen selbst gedrehte Filme schnell unprofessionell aus, was einen negativen Einfluss aufs Image der Firma haben kann.
Sie wollen dies nun also ändern. Was bieten Sie konkret an?
Zum einen gebe ich seit Jahren Video-Kurse und Medientrainings am MAZ, dem Medienausbildungszentrum in Luzern. Ich gebe aber auch individuelle Kurse für Kunden, die mich beispielsweise als Journalistin kennengelernt haben. In einem Tag lernen die Teilnehmenden, wie man Geschichten filmisch erzählt, das Smartphone als Kamera richtig einsetzt und ein Schnittprogramm auf dem Handy bedient.
Da ich während des Lockdowns keine Präsenzkurse durchführen konnte, habe ich die Kurse mit der Kamera aufgenommen, um sie auch offline verfügbar zu machen. Die Kurse bestehen aus drei 20-minütigen Video-Lektionen, ergänzt durch schriftliche Unterlagen und praktische Übungen. Das Ziel ist das gleiche, wie bei meinen Präsenzkursen: alle drehen ihren ersten Film und bekommen ein Feedback. Ich glaube, solche videobasierten Onlinekurse haben ein grosses Potenzial, da sie zeitlich und örtlich individuell absolviert werden können.
Der amerikanische Video-Service «Zoom» ist in der Krise weltweit enorm populär geworden. Wie ordnen Sie das ein und welche Entwicklungen im Video-Geschäft sehen Sie sonst noch?
Zoom-Aktien hätte man haben sollen! Wer hätte das Anfang Jahr vermutet.
Auch ich nutze Zoom für Sitzungen und sogar für ganztägige Video-Kurse. Die Stabilität und Funktionalität des Programms sind eindrücklich. Ich glaube, dass wir uns auch nach Corona zu virtuellen Meetings treffen werden. Welche Folgen diese neuen Arbeitsformen haben, ist im Moment schwierig abzuschätzen. Die Qualität eines persönlichen Gesprächs lässt sich aber nicht eins zu eins durch virtuelle Treffen ersetzen.
Der nächste Schritt beim Thema Video wird die Interaktivität sein. Jemand spricht in einem Video beispielsweise über die Entwicklung des SMI und ich kann währenddessen auswählen, welche aktuellen, personalisierten Informationen ich bekommen möchte.
Bewegtbild wird grundsätzlich immer wichtiger. Je jünger die Menschen, umso weniger gerne lesen sie. Da sie aber häufig am Bildschirm sind, können wir sie über Videos trotzdem erreichen.
Link zum Disclaimer
Katharina Deuber hat nach dem Studium an der Universität Zürich zur Sekundarlehrerin phil. II sechs Jahre bei der Schweizerischen Kreditanstalt (heute Credit Suisse) gearbeitet und dort das erste regelmässige Corporate TV der Schweiz aufgebaut. Nach drei Jahren bei TeleZüri wechselte sie als Moderatorin und später stellvertretende Chefredaktorin zu CashTV, Ringiers Wirtschaftssendung am Schweizer Fernsehen. Nachdem Ringier den TV-Bereich 2012 eingestellt hatte, gründete sie ihre Firma «Film und Mehr GmbH». Heute arbeitet sie als TV-Journalistin für «NZZ Format», produziert Auftragsfilme für Unternehmen und moderiert Anlässe. Ihre Smartphone-Videokurse haben inzwischen über 2'000 Personen aus der Kommunikation und dem Journalismus besucht.