«Experten-Roundtables» in St. Moritz, 01.09.2021
Roundtable 2
Für die Glaubwürdigkeit bei ESG ist die Transparenz von zentraler Bedeutung
• Glow: Meine Herren, inzwischen gibt es kaum einen Fondsanbieter, bei dem die Integration einer ESG-Strategie nicht ganz weit oben auf der Agenda steht. Was macht Ihr Unternehmen konkret, um seine ESG-Strategie für sich und seine Kunden greifbar zu machen?
Prömm: «Greifbar» ist ein gutes Stichwort. Wir haben von Anfang an einen sehr praxisorientierten Ansatz gewählt, um konkrete Ergebnisse zu bekommen. Wir haben mit Sustainalytics, die heute zu Morningstar gehören, einen Leitfaden entwickelt, nachdem alle Fondsmandate gemanagt werden. Das ist kein weicher «Best in Class»-Ansatz, sondern enthält ganz konkrete Vorgaben, die eingehalten werden. Bei uns bilden die Daten von Sustainalytics die Grundlage, die wir aber durch eigenes Research ergänzen. Wir sind überzeugt, dass ausserdem das ganze Unternehmen mitziehen muss. Da zählen auch Kleinigkeiten, um glaubwürdig zu sein. Mitarbeitende von Shareholder Value fliegen wenig, wir fahren Bahn mit Ökostrom. Jede CO2-Belastung, die nicht vermieden werden kann, wird über Climate Partners neutralisiert. Auch der soziale Gedanke ist wichtig, zwei Prozent unseres Ebit spenden wir jedes Jahr.
Keim: Die Frage ist berechtigt. Wir als Asset Manager mit klarem Fokus auf Impact können im Grunde nur eines tun, um unsere Investoren die verlangte Glaubwürdigkeit beziehungsweise Transparenz zu liefern, in dem wir regelmässig über die einzelnen Portfoliokomponenten berichten. Dies machen wir nicht allein, sondern nutzen hier sogenannte Engagement-Firmen, welche uns zusammen mit anderen Vermögensverwaltern helfen, diesen Impact auch zu messen.
Mircov: Die acarda-Plattform erlaubt es ihnen, den vollständigen Prozess zu automatisieren. Erheben sie sämtliche ESG-Kennzahlen für die Instrumente ihrer Portfolios auf Produkt- sowie Entität-Ebene entsprechend der Regulierung. Klassifizieren sie die Portfolios mit vordefinierbaren Regeln gemäss Artikel 8 und 9 und stellen sie so sicher, dass die Principal Adverse Impacts (PAI) sowie die Ratings ihrer Portfolios korrekt ausgewiesen werden. Dabei haben sie über das übersichtliche acarda Dashboard alle Kennzahlen und Prozesse immer im Blick.
Klein: Unsere Mission ist ganz klar: Wir investieren in Unternehmen mit hoher ESG-Qualität und positiver Wirkung auf die Nachhaltigkeitsziele. Dabei berücksichtigen wir auch eine Vielzahl von Ausschlusskriterien. Wir engagieren uns aktiv, um die Nachhaltigkeit der Unternehmen weiter zu verbessern. Wir wählen sorgfältig jene Unternehmen aus, die mit nachhaltigen und zukunftsweisenden Geschäftsmodellen, Produkten und Dienstleistungen einen positiven Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen leisten. Der Fokus unserer Anlagen liegt dabei besonders auf den Zielen «Kein Hunger» (#2), «Gesundheit und Wohlergehen» (#3), «Hochwertige Bildung» (#4), «Bezahlbare und saubere Energie» (#7), «Nachhaltige/r Konsum und Produktion» (#12) und «Massnahmen zum Klimaschutz» (#13).
Apel: DNB hat als nordischer Anbieter bereits 1989 den ersten «grünen» Fonds aufgelegt. Dieser existiert heute noch und legt in Nordic Equities an. Neben der einerseits stark institutionalisierten Herangehensweise, was das ESG-Research und das Portfoliomanagement angeht, verfolgen wir andererseits einen sehr klaren und leicht nachvollziehbaren Ansatz für unsere Anleger. In unserem «Renewable Energy/Clean Tech»-Portfolio müssen alle Unternehmen bzw. die Produkte dieser Unternehmen zwingend zu einer verbesserten Umwelt oder zu mehr Energieeffizienz beitragen. Dass das keine Performance kosten muss, beweisen mehrere «Lipper Fund Awards». Bei Nordic Equities investieren wir mehrheitlich in Unternehmen mit geringem CO2-Ausstoss, etwas, worin nordische Unternehmen verglichen mit dem Rest der Welt führend sind.
• Glow: Die Verwendung von ESG-Kriterien geht weit über die traditionelle Finanzanalyse hinaus. Wie kommen Sie in Ihrem Unternehmen zu den relevanten Informationen und dem Wissen, um Ihre ESG-Strategie erfolgreich zu implementieren?
Klein: Die ESG-Qualität und die Wirkung auf die Nachhaltigkeitsziele messen wir mit Daten von MSCI ESG, bevor wir unsere eigenen Analysen durchführen. Wir berücksichtigen auch nachteilige Auswirkungen durch Ausschlusskriterien, Kontroversen-Monitoring und durch Principle-Adverse-Impact-Messung. Klimarisiken sind uns besonders wichtig. Wir messen die CO2-Intensität unserer Fonds im Zeitablauf und gegen Benchmarks. Gemeinsam mit der Firma right. based on science messen wir zudem die langfristigen Klimarisiken unserer Fonds. right. based on science kam erneut zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen der Fonds bis 2050 eine globale Erwärmung von weniger als 1.75 Grad verursachen werden (im Vergleich dazu der DAX im März 2021: 4.1 Grad). Damit sind unsere Fonds mit dem Pariser Klimaziel vereinbar.
Keim: Das ist richtig. Unsere Portfolio Manager haben einen sehr langen Track Record in der Verwaltung nachhaltiger Portfolios und konnten über die Jahre eine eigene Datenbank und Analyse aufbauen, welche uns hilft, unseren «GreenStars ESG» optimal zu managen. Selbstverständlich gibt es spezielle Dienstleister in diesem Bereich, aber wir können uns nur auf unsere eigenen Ansätze verlassen. Dies schätzen unsere Kunden sehr!
Mircov: Wir arbeiten mit den unterschiedlichsten Anbietern (MSCI/Refinitiv/Morningstar) als Partner zusammen und bieten Lösungen für jegliche Fondsinstrumente an. Zentraler Bezug der ESG-Rohdaten oder Nutzung unserer Redistributionslizenz für das Reporting. Look-Through-Datenerhebung bei den Asset Managern und auf Plattformen mit regelmässigen Updates. Zusätzliche Datenbanken-Integration (Green Bonds, ihr eigenes Research etc.).
Prömm: Das sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Wer eine ESG-Strategie nur nach der Papierform managt, wird nicht weit kommen. Wir analysieren jedes Unternehmen, das wir investieren, bis ins Detail und legen sehr grossen Wert auf das «G» in ESG, also Governance, gute Unternehmensführung. Was ist da unsere Vision? Viele Anleger scheuen immer noch die Aktienanlage, weil sie Gemauschel zwischen Vorstand und Aufsichtsgremium fürchten. Shareholder Value hat daher mit der Universität Mainz die «Board-Pyramide» entwickelt. In den Unternehmen, an den wir beteiligt sind, wirken wir darauf hin, dass die Vergütung der Aufsichtsräte am Aktienkurs gekoppelt ist. So besteht Interessensgleichheit zwischen Aufsichtsrat und Aktionär!
Apel: Wir haben sehr früh begonnen, ein hauseigenes ESG-Team aufzubauen. Dieses fünfköpfige Team arbeitet sozusagen vorgeschaltet vor unseren Fondsmanagern und überwacht die neuesten Entwicklungen in unseren Anlageuniversen. Selbstverständlich nutzen wir im Portfoliomanagement externe Ressourcen wie MSCI ESG, Sustainalytics und andere, allerdings darf man die Bedeutung einer hauseigenen ESG-Plattform nicht unterschätzen. Als Spezialisten steht das ESG-Team unseren Fondsmanagern direkt bei Fragen zur Verfügung. Während die PMs in erster Linie die besten Titel für unsere Kunden allokieren und finden sollen, verarbeitet das ESG-Team kontinuierlich die neuesten Daten und überwacht Veränderungen. Zusätzlich fungiert das Team als Ratgeber und bespricht die wichtigen Ausschlüsse mit den Fondsmanagern.
• Glow: Einige Anbieter betreiben in Bezug auf ihre ESG-Strategie das sogenannte «Greenwashing». Wie kann man erkennen, ob ein Anbieter es mit seiner ESG-Strategie ernst meint und mit welchen Mitteln kann «Greenwashing» bekämpft werden?
Prömm: Eine ESG-Strategie lässt sich nicht in wenigen Wochen umsetzen. Gerade in der Anfangsphase müssen Auswahlkriterien und ihre Auswirkungen auf die Portfolios geprüft, nachjustiert oder wieder verworfen werden. Deshalb ist ein wichtiges Kriterium, wie lange der Anbieter schon nach seinem ESG-Ansatz investiert. Unser CEO Frank Fischer setzt nachhaltige Kriterien beispielsweise schon seit Auflage der Fonds um. Der Ansatz ist über die Jahre professionalisiert und erweitert worden, besteht aber im Kern von Anfang an. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist, woher ein Asset Manager seine Informationen bezieht. Verlässt er sich nur auf externes Research? Unser hoher Eigenanteil wurde im Audit des FNG-Siegels hervorgehoben.
Apel: Nachhaltigkeit und das Verständnis, die Umwelt zu schützen, liegt den skandinavischen Völkern im Blut. Die Sommer sind kurz, die Winter rau, man musste über Jahrtausende vorsorgen und nachhaltig wirtschaften, um über die Runden zu kommen. Die DNB Gruppe ist zu ca. 40 Prozent im Besitz des norwegischen Staates. Aus der Eigentümerstruktur wird sofort klar, dass der politische Wille zur Nachhaltigkeit natürlich von DNB umgesetzt wird. Im Verbund treten die nordischen Häuser gemeinsam auf und bewirken Veränderungen, ebenso arbeiten wir auch als Consultants für Unternehmen, wenn diese an den Kapitalmarkt gehen möchten. Ehrlichkeit, Transparenz und ein realistischer Blick helfen uns dabei, eine echte ESG-Strategie umzusetzen und auch nur so kann «Greenwashing» langfristig vermieden und reduziert werden.
Klein: Es ist wichtig, transparent zu berichten - das leisten wir in unseren Monatsberichten und auf unserer Internetseite. Zusätzlich stellen wir uns der strengen Prüfung des FNG-Siegels. Hier untersuchen Experten der Universität Hamburg die Nachhaltigkeit jeder Portfolioposition. Greenwasher erhalten das FNG-Siegel nicht. Wir erreichen für unsere Fonds das FNG-Siegel mit drei Sternen – die Maximalbewertung. Auch Auszeichnungen helfen, uns abzusetzen: In 2020 erhielt ESG Portfolio Management den «Deutschen Exzellenzpreis» und wurde in die PRI Leaders‘ Group aufgenommen. 2021 erhielten wir die internationalen «ESG Investing Awards» für den besten Anleihen-Fonds und den besten Multi-Asset-Fonds sowie den «Deutschen Award für Nachhaltigkeitsprojekte», 1. Platz in der Kategorie «Geldanlagen».
Mircov: Konstantes Überprüfen der Portfolios (z.B. Fonds-Holdings und Kundeninvestments) auf Übereinstimmung mit der ESG-Strategie und den SFDR-Anforderungen; Abgleich mit dem Portfoliomanagement.
Keim: Global gesprochen, hat jede ESG-Strategie (auch mit «Greenwashing») einen positiven Einfluss auf unsere Welt. Wir bei Impact Asset Management müssen da wesentlich tiefer arbeiten, um unseren Investoren und deren Zielsetzungen gerecht zu werden. Ich denke, die einzige Möglichkeit hier ist wiederum das klare Messen der positiven Veränderung.
Teilnehmende

Hagen-Holger Apel, CIIA
Head of Wholesale DACH,
Senior Client Portfolio Manager
DNB Asset Management S.A.
13, rue Goethe
1637 Luxemburg
Luxemburg
Hagen-Holger Apel kam im Juli 2015 als Senior Client Portfolio Manager zu DNB Asset Management S.A. In dieser Funktion ist er eine Verbindung zwischen dem in Norwegen ansässigen Fondsmanagement und internationalen Kunden und gewährleistet so ein hohes Mass an Qualität im Kundenservice. Apel hat einen Abschluss in Volkswirtschaftslehre (LMU München) und ist Certified International Investment Analyst (CIIA) der DVFA Frankfurt. Er verfügt über 20 Jahre Branchenerfahrung als Banker, Händler und Portfoliomanager und ist seit vierzehn Jahren im Finanzzentrum Luxemburg tätig. Er spricht Deutsch, Englisch und Schwedisch. Im internationalen Geschäft ist er in einer leitenden Position für die Schweiz, Deutschland und Österreich verantwortlich.

Christian F. Keim
Director Institutional Clients
Impact Asset Management GmbH
Schottenfeldgasse 20
1070 Wien
Österreich
+43-1-515 66 0 / E-Mail / Web
Christian Keim ist seit 2016 für die C-Quadrat Gruppe im Bereich «Entwicklung Institutionelle Kunden» für die DACH-Region tätig. Seit diesem Jahr fokussiert sich die Tätigkeit konsequent auf Impact-Strategien und Nachhaltigkeitsmandate. Neben der Microfinance und den ESG-Fonds gehören Spezial-Mandate ebenfalls zu seinem Angebot. Christian Keim begann seine Karriere bei einer Investmentboutique in New York, gefolgt von Stationen im Wealth Management der UBS in Zürich. Durch seine Tätigkeit ist er Beiratsmitglied einiger grosser Family Offices in der Schweiz und in Deutschland.

Christoph M. Klein, CFA, CEFA
Managing Partner
ESG Portfolio Management GmbH
Weissfrauenstrasse 12-16
60311 Frankfurt
Deutschland
Christoph M. Klein, CFA, CEFA ist Gründer, geschäftsführender Gesellschafter und Portfoliomanager der ESG Portfolio Management GmbH. Zuvor war er als Portfoliostratege, Head ESG Credit und Managing Director bei der Deutschen Asset Management tätig. Bevor er 2007 zur Deutschen Asset Management zurückkehrte, war er Partner und Leiter des Bereichs Fixed-Income Credit bei TriPoint Asset Management in London. Vorher arbeitete er als Multi-Strategie-Portfoliomanager bei CPM Advisors und als Analyst und Portfoliomanager für Unternehmens- und Wandelanleihen bei der Deutschen Asset & Wealth Management. Er war Visiting Scholar am Salomon Center for the Study of Financial Institutions an der New York University. Christoph Klein begann seine Karriere als Analyst für Anlagestrategien im Private Banking bei der Deutschen Bank. Er war Mitglied der UN PRI Fixed Income Working Group und ist Mitglied der DVFA Sustainable Investment Commission und des CFA ESG Technical Committee. Er unterrichtet ESG-Seminare für Moody’s Analytics. Er erwarb sein Diplom in Betriebswirtschaftslehre an der Universität Trier.

Dragan Mircov
Director - Head Client Success Management
Lucht Probst Associates GmbH
Grosse Gallusstrasse 9
60311 Frankfurt
Deutschland
Dragan Mircov ist seit März 2021 bei Lucht Probst Associates AG für die Kundenzufriedenheit als Global Head Customer Success verantwortlich. Die Produktpalette umfasst Automatisierungs-Lösungen für alle Prozesse innerhalb einer Bank bis hin zur Erfüllung aller regulatorischen Anforderungen von Asset Managern und Fondsadministratoren mit nur einer Plattform. Davor arbeitete er bei führenden Finanzinformationsdienstleistern wie Standard & Poor’s (Head of Data Continental Europe), Morningstar (Head of Data & Support - Mitglied der Geschäftsleitung) und fundinfo (Global Head of Customer Success / Head of Operations Germany - Prokurist). Bereits 1997 ist er in die Finanzbranche bei MICROPAL eingestiegen, als Quereinsteiger hat ihm Frank Fischer (Shareholder Value Management) bereits das Vertrauen geschenkt.

Philipp Prömm
Vorstand, Head of Sales
Shareholder Value Management AG
Neue Mainzer Strasse 1
60311 Frankfurt
Deutschland
Philipp Prömm ist als Vorstand und Head of Sales für Marketing und Vertrieb der Shareholder Value Management AG verantwortlich. Bis 2012 war er Vorstand und Gründer der Fundmatrix AG, einem der ersten Full-Service-Fondsdistributeure. Hier war er für die Auswahl der unterschiedlichsten Asset Manager und Vermögensverwalter aus aller Welt zuständig und baute für diese den Vertrieb im deutschsprachigen Europa auf. Vor Gründung der Fundmatrix AG war Philipp Prömm Produktmanager für Fonds bei der Credit Suisse Asset Management (Deutschland) GmbH. Er hat sein Studium an der Justus-Liebig-Universität Giessen als Diplomkaufmann abgeschlossen. Seine Diplomarbeit analysierte Price-Earnings-Ratios in einer Zusammenarbeit mit der B. Metzler seel. Sohn & Co. KgaA. Philipp Prömm wohnt in Bad Nauheim und hat zwei Kinder.
Moderator

Detlef Glow
Head of Lipper EMEA Research
Refinitiv
Friedrich-Ebert-Anlage 49
60327 Frankfurt
Deutschland
Detlef Glow, MBA (UoW), begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Refinitiv Lipper. Anfang 2007 übernahm er die Leitung für die Regionen Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Oktober 2010 ist Glow Leiter der Fondsanalyse von Lipper in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA). Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanager für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Detlef Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.