«Die Verbraucher leiden unter explodierenden Kosten»

01.04.2022
Herr Schomberg, wie entstand die Idee, eine Venture-Capital-Gesellschaft zu gründen und welche Zielsetzung verfolgen Sie damit?
Die Gründer von Kingstone Schweizer Ventures, Umut Ertan von der SCHWEIZER KAPITAL Gruppe und die Familie Schomberg von der KINGSTONE Group, sind schon seit vielen Jahren als institutionelle Investment- und Fund Manager in der Immobilienwirtschaft sowie als Venture-Capital-Investoren mit eigenem Kapitaleinsatz aktiv. Die neu gegründete VC-Plattform bündelt nun diese jahrzehntelange Investment-Erfahrung. Unser Ziel ist es, externen Investoren Zugang zu unserem Deal Flow und einem professionell gemanagten Venture-Capital-Produkt zu eröffnen. Dies verfolgen wir mit einem klar definierten Fokus auf Impact Investing.
Impact Investing machen viele. Was machen Sie anders?
Grundsätzlich freuen wir uns über ein starkes Impact-Ökosystem und jeden weiteren Fonds, der sich für unsere Sache engagiert. Das Problem des Klimawandels ist so gross, dass es nur mit vereinten Kräften gelöst werden kann. Es ist jedoch auch so, dass es wirklich revolutionärer Technologien bedarf, um einen messbar positiven Einfluss nehmen zu können. Diese Technologien möchten wir fördern und suchen daher nicht nach inkrementellen Verbesserungen, sondern wirklichen Game Changern. Dies bedeutet für uns, dass es nur mit Innovationen in Bits und Atomen gelingen kann, also Soft- und Hardware.
Wir waren und sind heute immer noch selbst Gründer und Unternehmer. Wir können uns mit den Problemen der Start-ups identifizieren und gleichzeitig - aufgrund unserer Historie als Investment Manager - aus Sicht eines professionellen und institutionellen Investors agieren.
Sind steigende Benzin- und Energiepreise der notwendige Katalysator für die Energiewende?
Ich gehe davon aus, dass die aktuell hohen Energiepreise mittel- bis langfristig einen bedeutsamen Effekt auf die Energiewende haben werden. Der Krieg in der Ukraine hat Politikern sehr deutlich vor Augen geführt, dass fossile Brennstoffe ein politisches Gut sind. Das Thema Energie-Unabhängigkeit ist auf der Agenda weiter nach oben gerutscht und kann nur durch den Ausbau erneuerbarer Energiequellen langfristig erreicht werden. Die Verbraucher leiden unter explodierenden Kosten und auch hier erwarten wir ein wachsendes Interesse an autarker Energieversorgung.
Was ist aus Ihrer Sicht das drängendste Problem, das gelöst werden muss?
Kurz gesagt: Wir müssen unsere Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen verringern. Diese Abhängigkeit ist tief in unseren Wirtschaftssystemen verwurzelt. Sei es zum Beispiel in der Energieerzeugung, in der Chemieindustrie oder in der Landwirtschaft. Wir müssen für all unsere Wirtschaftsbereiche und Industrien low-carbon Alternativen entwickeln und zu marktreifen Lösungen entwickeln. Die gute Nachricht ist, dass wir bereits über eine Vielzahl von klimafreundlichen Technologien verfügen, die uns auf den Weg zu einer net-zero Industrie bringen können. Photovoltaik und Wind sind mittlerweile vielerorts die ökonomisch sinnvollsten Optionen zur Energieerzeugung. Die Kostenkurve für Fleisch-Alternativen geht konstant zurück und die Elektrifizierung des individuellen Personenverkehrs ist auf dem Sprung zum Massenmarkt und wird nicht mehr aufzuhalten sein. Dies wird jedoch nicht reichen. Um auch die Schwerindustrien wie Zement oder zum Beispiel Stahl CO2-frei zu machen, brauchen wir visionäre Gründer, mutige Investoren und politischen Willen.
Ideen zur alternativen Energiegewinnung gibt es einige. An welchen Kriterien machen Sie fest, dass sich eine Investition in einem solchen Unternehmen lohnt?
Wir glauben, dass sich der zukünftige Unternehmenserfolg umgekehrt proportional zum CO2-Ausstoss verhält - je weniger Emissionen ein Unternehmen verursacht, desto erfolgreicher wird es langfristig sein. Daher verfolgen wir einen zweigleisigen Ansatz. Zum einen analysieren wir den jeweiligen Markt, lernen das Gründerteam genau kennen, validieren das Produkt und das Geschäftsmodell, um nur einige Bereiche unserer Due Diligence zu nennen. Zum anderen möchten wir verstehen, in welchem Masse sich eine neue Technologie positiv auf ökologische Aspekte auswirkt. Zu diesem Zweck berechnen wir für jedes Unternehmen das CO2-Einsparpotenzial und fördern nur Lösungen, die einen signifikanten Beitrag zur CO2-Reduktion leisten. Nur wenn wir davon überzeugt sind, dass ein Unternehmen sowohl finanziellen als auch einen Impact Return erwirtschaften kann, investieren wir.
Ihre Investitionen erstrecken sich über fast alle Kontinente. Wo suchen - und finden - Sie neue Ideen?
Der Grossteil unserer Investments wird sich auf Firmen in den uns sehr gut bekannten Märkten in Europa und den USA konzentrieren. Hier leben und arbeiten wir, und hier haben wir ein weit verzweigtes Netzwerk in die Gründer-, Venture Capital- und Wissenschafts-Communities. Uns erreichen aber auch vielversprechende Ideen aus anderen Regionen, wie zum Beispiel Israel, die wir alle eingehend prüfen. Wenn es passt, können wir überall aktiv werden und uns engagieren.
Wie gross ist das Interesse für Venture Capital seitens der Investoren? Gibt es Vorbehalte? Wie schaffen Sie es, Risiken zu minimieren?
Wir nehmen sehr grosses Interesse auf Seiten der Investoren wahr. Venture Capital als Asset-Klasse hat sich in den vergangenen Jahren bei vielen Anlegern etabliert und sehr gute Renditen erwirtschaftet. Wir glauben, dass wir mit unserem thematischen Ansatz und der Fokussierung auf Climate Tech ein Stück weit das Investitions-Risiko minimieren können. Eine Vielzahl von Industrien, wie zum Beispiel der Energie- oder der Agrarsektor, stehen vor gravierenden Veränderungen und einem erhöhten Handlungsdruck, klimafreundlicher zu wirtschaften. Dies wird Verwerfungen in der Value Chain nach sich ziehen, Raum für neue Technologien und Geschäftsmodelle bieten und Wertschöpfung dort entstehen lassen, wo noch niemand es vermutet - ein grossartiges Umfeld für Investoren. Unser Team besteht zudem aus erfahrenen Gründern und VCs, die auf einen breiten Erfahrungsschatz zurückgreifen können. Wir trauen es uns zu, unter Berücksichtigung unterschiedlicher Technologie- und Marktrisiken, ein ausgewogenes Portfolio aufzubauen.
Link zum Disclaimer
Philipp Schomberg ist Co-Founder der Venture Capital Plattform Kingstone Schweizer Ventures (KSV). Nach einem Masterstudium mit dem Schwerpunkt Real Estate Investments an der Cass Business School in London war er zunächst als Immobilien-Investor für internationale Investment-Fonds in London und Abu Dhabi tätig. Im Anschluss folgte die Gründung der familiengeführten KINGSTONE Group, einer pan-europäischen Investment-Management-Gesellschaft mit Fokus auf Immobilien-Investments. Neben Immobilien-Investments betätigt sich Philipp Schomberg seit mehreren Jahren als aktiver Venture-Capital-Investor in Europa und den USA. Dieses Engagement mündete in der Gründung der Venture-Capital-Plattform KSV im Jahr 2021.